Schriftsteller, Burgenforscher und Dorfschullehrer in Lehenweiler
Adam Friedrich Koch (1763 – 1835)
Autorin: Susanne Schmidt
Burgen, Ritter und Romantik – Das Mittelalter fasziniert die Menschen nicht erst seit heute. Genau genommen nahm das Mittelalter-Revival schon im 18. Jahrhundert seinen Anfang. Nach den napoleonischen Befreiungskriegen (1792-1815) und den enttäuschten Hoffnungen auf einen Nationalstaat flüchteten sich viele deutsche Künstler und Intellektuelle in ein mythisch verklärtes Mittelalter. Auch die Schwäbische Dichterschule um Hauff, Schwab, Mörike und Uhland schöpfte in ihren Gedichten, Märchen und Sagen mit vollen Händen aus der Vergangenheit. 1826 veröffentlichte Wilhelm Hauff seinen Erfolgsroman Lichtenstein. Zwei Jahre später erschien in Württemberg ein sechsbändiges Werk zur Burgenkunde – “Die Ritterburgen und Bergschlösser im Königreiche Württemberg“. Sein Vorwort datierte und signierte der Verfasser mit “A. Koch – Lehenweiler Oberamts Böblingen im Mai 1828“.
Wer war dieser A. Koch, der sich damals ausgerechnet in dem abgelegenen Heckengäudorf Lehenweiler als pädagogischer Schriftsteller und Burgenforscher betätigte?
Diese Frage beschäftigte auch den aus Lehenweiler stammenden Heimatforscher und späteren Landrat Karl Hess. Er widmete Koch im Jahre 1953 einen ausführlichen Aufsatz, dessen Ergebnisse hier im folgenden wiedergegeben werden. Den Artikel von Karl Hess finden Sie am Ende dieses Textes.
Adam Friedrich Koch Schulmeister in Lehenweiler
Tatsächlich war um 1800 ein Adam Friedrich Koch Schulmeister in Lehenweiler. Das Lehenweiler Familienregister im Aidlinger Pfarrhaus gibt Auskunft über seine Herkunft. Danach wurde Koch am 26. Juni 1763 in Ostdorf bei Balingen geboren.
Weiteres erfahren wir aus dem 1802 erschienenen Lexikon der damals lebenden schwäbischen Schriftsteller von Johann Jacob Gradmann. Unter der Rubrik “Das gelehrte Schwaben“ wird Adam Koch ausdrücklich als Verfasser von drei Rechenbüchern genannt. Gradmann berichtet auch über seinen beruflichen Werdegang. Seine Ausbildung erhielt Koch in dem “Markgräflich-badischen Seminarium zu Carlsruhe“. Danach arbeitete er einige Jahre als Privatlehrer in Adelshäusern, wurde Provisor (Schulgehilfe) in der Nähe von Balingen und landete schließlich 1792 als Filialschulmeister in Lehenweiler.
Bereits im November 1792 heiratete Koch dort die 12 Jahre jüngere Anna Maria Groß. Ihr Vater, Johann Jakob Groß, hatte als „Anwalt“ eine verantwortungsvolle Position im Ort und vertrat die Belange der Dorfgemeinschaft nach außen.
Anna Maria Koch gebar insgesamt 15 Kinder. Davon erreichten acht Kinder das Erwachsenenalter, sieben weitere sind bald nach der Geburt gestorben. Von Sohn Clemens wissen wir, dass er ebenfalls die Schulmeisterlaufbahn eingeschlagen hat; die zweite Tochter Karoline Charlotte heiratete den Schulmeister Gotthilf Friedrich Hartmann.
1806 zog es Koch weg von Lehenweiler; zunächst nach Ellwangen, 1814 nach Mähringen bei Ulm. Sein Nachfolger wurde Christoph Friedrich Kolb, der ehemalige Schulmeister von Neuweiler und Vater des Dagersheimer Schulmeisters und Stundenvaters Immanuel Gottlob Kolb. Ihm folgte 1819 Kochs Schwiegersohn Hartmann nach, der bis zu seinem Tod im Jahre 1826 als Schulmeister in Lehenweiler diente.
Danach finden wir wieder Koch an der Lehenweiler Schule. Möglicher Weise kam der damals 63-jährige zurück, um seiner verwitweten Tochter die Wohnung im Schulhaus zu erhalten. Vermutlich hat er dort auch bis zu seinem Tod mit fast 72 Jahren im Jahre 1835 Schule gehalten hat.
Burg Hohenurach. Frontispiz aus Adam Friedrich Koch, „Die Ritterburgen und Berschlösser im Königreiche Württemberg“, Bd. 4, Cannstadt 1828. (Bild: Bayrische Staatsbiblithek digital)
Koch als pädagogischer Schriftsteller und als Burgenforscher
Wie wir aus dem Eintrag bei Gradmann wissen, hatte sich Koch schon früh der Schriftstellerei zugewandt. Die ersten Werke waren der Mathematik gewidmet. Sein Lehrbuch für Landschullehrer aus dem Jahre 1797 trägt den Titel “Versuch einer theoretisch-praktischen Anleitung zur Ausübung der Geometrie und Gnomik nebst einem Anhang der Chronologie“.
Später sammelte er interessante Erzählungen aus der Geschichte, Kunst und des Menschenlebens zur angenehmen und nützlichen Unterhaltung für die heranwachsende Jugend und gab sie unter dem Titel “Neue Bilderschule für die Jugend“ 1816 heraus. Koch setzte dabei auf die pädagogische Wirkung beispielhafter Erzählungen aus dem Leben bemerkenswerter Persönlichkeiten. Auch die Bildung des ästhetischen Gefühls und Kunstsinnes lag ihm am Herzen. Daher finden sich in seiner Bilderschule z.B. auch eine Beschreibung des alten Athen und des Straßburger Münsters. Besonders fördern wollte er schließlich die Kenntnis fremder Länder und Erdteile und ihrer Bewohner. Neben einer Darstellung der Wunder der Schöpfung stand dahinter auch die Absicht, seinen Lesern und Leserinnen zu zeigen, wie wenig der Mensch an sich zum Leben bedarf. Jeder solle lernen, sich mit dem Notwendigsten zu begnügen, um für schwere Zeiten entsprechend gerüstet zu sein.
Zugeeignet hat A. F. Koch seine Bilderschule übrigens seinem Vorgesetzten, dem Oberhofprediger und Consisthorialrath August Heinrich D´Autel, zugeeignet. Der Oberhofprediger D´Autel war ein überzeugter Anhänger Pestalozzis!
Das originellste und wichtigste Werk Kochs bleibt jedoch sein 1828 in sechs Bänden erschienenes Werk “Die Ritterburgen und Bergschlösser im Königreiche Württemberg“. Offenbar hat Koch einen großen Teil der Burgen auch persönlich erkundet. Auch wenn seine Ausführungen heute nicht mehr dem Stand der Forschung entsprechen, so sind sie doch ein interessantes Beispiel für die frühe Burgenromantik und ein liebeswertes Zeugnis schwäbischer Geistesgeschichte. Im Lesesaal der Universitätsbibliothek Tübingen, in der Stuttgarter Landesbibliothek oder teilweise auch im Internet kann man die Burgenbüchlein einsehen.
Frontispiz der „Neuen Bilderschule“: Die Abbildung zeigt das Lernen am Beispiel heldenhafter Personen. (Bild: Württembergische Landesbibliothek Stuttgart)
Alle, die sich noch ausführlicher mit Adam Friedrich Koch beschäftigen möchten, sei der Artikel von Karl Hess empfohlen, der erstmals im Jahre 1953 in der heimatgeschichtlichen Beilage des Böblinger Boten „Aus Schönbuch und Gäu“, Nr. 44 / 1953 erschien. Erneut veröffentlicht wurde er in: „Lehenweiler 1709 – 1959. Festschrift zum 250jährigen Bestehen 1959“, S. 33-39 und in „Heimat Schönbuch und Gäu. Ausgewählte Beiträge zur Geschichte einer Landschaft und ihrer Menschen“. Festgabe für Landrat i. R. Karl Hess zu seinem 75. Geburtstag am 10. August 1986, S. 129-135. Der Aufsatz enthält auch ein Verzeichnis der Koch’schen Werke.
Karl Hess: Adam Friedrich Koch (Artikel aus dem Jahr 1953)
Ein Dorfschullehrer in Lehenweiler als pädagogischer Schriftsteller und Burgenforscher
Vor einiger Zeit wurde ich von Herrn Studienrat Dr. Hans Rommel, dem verdienstvollen Herausgeber der „Freudenstädter Heimatblätter“, darauf aufmerksam gemacht, daß mein Heimatort Lehenweiler in der Literatur erwähnt wird. Er schrieb: „Der meist unzuverlässige, aber doch für Einzelheiten wichtige Burgenforscher A. Koch datiert sein Vorwort ,Lehenweiler Oberamts Böblingen im Mai 1828′. Wie kommt der mir wenigstens sonst ganz unbekannte Mann (vielleicht Katholik) dorthin?“
Mir war dieser Schriftsteller Koch bis dahin auch unbekannt. Ich konnte zwar leicht feststellen, daß um 1800 ein Adam Friedrich Koch Schulmeister in Lehenweiler war, der nach anderweitiger Tätigkeit wieder hierher zurückkehrte und 1835 daselbst gestorben ist. Aber der Verfasser des Burgenbüchleins und anderer Werke, die noch näher aufzuführen sein werden, war durchweg als „A. Koch“ angegeben (teilweise mit Berufsangabe Schullehrer), 1830 sogar als August Koch, und der Katalog der Landesbibliothek in Stuttgart nannte als Autor aller in ihrem Besitz befindlichen Bücher August (I) Koch. Demgegenüber bringt Johann Jacob Gradmann in seinem Lexikon der jetzt lebenden schwäbischen Schriftsteller von 1802 mit dem Obertitel „Das gelehrte Schwaben“ ausdrücklich den Schullehrer zu Lehenweiler Adam Koch als Verfasser von drei Rechenbüchern, teils für die Hand des Landschullehrers, teils als „gemein-verständlich“ für jedermann. Und die Universitätsbibliothek Tübingen führt den Verfasser des Werkes über die Ritterburgen schon bisher als Adam Friedrich Koch, obwohl er im Titel selbst und im Vorwort sich nur als „A. Koch“ bezeichnet hat. Nach allem konnte letztlich kein Zweifel mehr bestehen, daß tatsächlich der Schullehrer von Lehenweiler, Adam Friedrich Koch, der Verfasser aller dieser verschiedenartigen Werke ist.
Über seine Person, seine Berufslaufbahn und seine Familie haben wir zwei Quellen: einmal den erwähnten Gradmann und sodann das Lehenweiler Familienregister im Pfarrhaus Aidlingen. Nach beiden ist Koch am 26. Juni 1763 in Ostdorf bei Balingen geboren; das Kirchenbuch führt als seine Eltern den Richter und Waldvogt Johann Ludwig Koch und die Margarete Schulerin von da auf. Gradmann erzählt uns dann „nach handschriftlichen Nachrichten“ über seinen beruflichen Werdegang: „Er erhielt seine Bildung in dem Markgräflich-Badischen Seminarium zu Carlsruhe, worin die pädagogische Literatur nebst Mathematik mit den sich dort aufhaltenden Jünglingen aufs fleißigste betrieben wurde. Von da wurde er als Privat-Lehrer einige Jahre bei den Edlen von G. in Sp. angestellt; dann Provisor im Vaterland (Ostdorf?) und endlich Schullehrer in Lehnweiler.“
Während damals die Lehrerbildung in Württemberg noch ähnlich wie im Handwerk erfolgte, daß man nämlich als Lehrling oder Inzipient bei einem Schulmeister anfing, dann Geselle oder Provisor wurde und schließlich selbst zum Meister gewählt werden konnte, hatte Koch eine neuzeitliche Ausbildung in einem badischen Lehrerseminar in Karlsruhe erhalten. In Württemberg wurde das erste Staatliche Lehrerseminar 1811 in Eßlingen eröffnet; erst 1843 folgte ein zweites in Nürtingen. Aber immer noch erfolgte daneben die Heranbildung der Lehrer weithin durch eine Lehre bei solchen Schulmeistern, die dazu die Ermächtigung erhalten hatten. Schon durch seine wohl um 1780 erfolgte Seminarausbildung ragt also Koch aus dem Kreis seiner Kollegen, die ihren Lehrberuf noch recht und schlecht wie ein Handwerk erlernten, offensichtlich heraus.
Auch seine weitere Laufbahn war dazu angetan, seinen Gesichtskreis zu erweitern. Als Hauslehrer bei einer Adelsfamilie, wohl im Badischen, kam er in ganz andere Lebensverhältnisse und erhielt sicher dadurch manche Anregungen. Auf diese Zeit ist vielleicht auch schon die Beschäftigung mit Burgen und Schlössern zurückzuführen, der sein wohl bedeutendstes Werk dann seine Entstehung verdankt. Es mag sein, daß er auch ferner die Beziehungen zu Adels- und Hofkreisen aufrecht erhielt; ein Büchlein widmet er 1816 dem Oberhofprediger d’Autel, ein anderes 1825 zwei königlich württembergischen Prinzessinnen. Die Subskripentenliste für das Burgenbuch, die uns leider nicht erhalten ist, könnte hierüber näheren Aufschluß geben.
Wann Adam Friedrich Koch „Filialschulmeister“ in Lehenweiler wurde, konnte ich nicht genau feststellen. Wahrscheinlich im Jahre 1792, denn am 4. September 1791 ist der Vorgänger Johann Ludwig Majer (geboren Besigheim 16. Juli 1727, Sohn des späteren Pfarrers in Friolzheim, M. Caspar Ludwig Majer, in Lehenweiler ab 1775, ledig) gestorben. Koch hat dann hier am 29. November 1792 die Tochter des Anwalts Johann Jakob Groß geheiratet. Diese Anna Maria war am 1. Januar 1774 geboren, also über 10 Jahre jünger als ihr Mann, und ist 12 Jahre nach ihm am 1. Februar 1847 in ihrem Heimatort gestorben. Die Herkunft der väterlichen Vorfahren ist noch nicht restlos geklärt; der Großvater Lorenz Groß, 1711 auf dem Ihinger Hof geboren, kam schon als Kind mit seinen Eltern in das neu gegründete Lehenweiler; sein Vater, zuvor zusammen mit seinem Vater Pächter auf dem Ihinger Hof, soll 1681 in Deufringen geboren sein, wo aber kein Eintrag darüber zu finden ist; wahrscheinlich war dessen Vater Pächter des Deufringer Schloßgutes gewesen. Dagegen kam die Mutter der Anna Maria Koch, Charlotte Katharina Janzi (1746-1823), als Tochter eines Schuhmachers und Wirts aus Ernstmühl bei Hirsau.
Aus der Koch’schen Ehe sind acht erwachsene Kinder hervorgegangen; sieben weitere sind gleich nach der Geburt oder doch klein verstorben. Von einem Sohn Gottlob Clemens, geboren 23. November 1798, wissen wir, daß er vom Vater später als Inzipient ausgebildet wurde, also die Schulmeisterlaufbahn eingeschlagen hat; er verheiratete sich 1822 in Waldrems. Ein weiterer Sohn Wilhelm Ludwig Koch wurde Rentamtmann in Schramberg, ein anderer Friedrich Rudolf Jakob heiratete 1829 in Kleinaspach. Auch er könnte vielleicht Schulmeister geworden sein. Die Tochter Thekla Jakobine heiratet 1824 den königlichen Hofjäger Jakob Friedrich Stapf, die älteste Wilhelmine Barbara, geb. 20. August 1793, im Jahr 1834 den Kameralverwalter Martz in Ötisheim. Die zweite Tochter Karoline Charlotte hatte 1815 mit 20 Jahren den aus Althengstett stammenden Schulmeister Ernst Gotthilf Friedrich Hartmann geheiratet, der am 5. Januar 1826 wohl in Lehenweiler gestorben ist. Die sechs ältesten Kinder sind in einer Rahmenerzählung eines der Koch’schen Bücher von 1816 namentlich aufgeführt.
Nach dem Schulmeisterbuch von Neubert (1817), im Besitz von Dr. Rommel, kam Koch von Lehenweiler 1806 nach Ellwangen, 1814 nach Mähringen bei Ulm. Hier hat er seinen Sohn Gottlob Clemens ins Lehrfach eingeführt und 1815 seine zweite Tochter an den Lehrer Hartmann verheiratet. Wenn ich recht sehe, war dieser Schwiegersohn dann von 1819 bis zu seinem Tod 1826 Schulmeister in Lehenweiler. Dann scheint Koch wieder die Lehenweiler Schule als „Schulamtsverweser“ betreut zu haben, vielleicht um der verwitweten Tochter und ihrer Familie die Wohnung im Schulhaus zu erhalten. Von ihm selber sagt das Familienregister, daß er ein eigenes Haus in Lehenweiler hatte. Ob dieses von ihm erkauft worden war oder von der Familie seiner Frau ererbt, obwohl diese zahlreiche Geschwister hatte, ist bisher nicht geklärt. Koch hat wohl bis zu seinem Tod am 17.März 1835, mit fast 72 Jahren, weiter Schule gehalten. Die Witwe Hartmann ist 1844 mit ihrer Familie nach Dätzingen, eine andere Tochter mit drei unehelichen Kindern 1846/47 nach Aidlingen gezogen; die Mutter Koch ist Anfang 1847 gestorben. Damit brechen die Bindungen der Familie zu Lehenweiler ab.
Das alte Schulhaus, in dem Koch wirkte und das seiner Familie bzw. später seiner Tochterfamilie Hartmann als Wohnung diente stand mitten im Ort; 1839 wurde es durch den Neubau des jetzigen Schulhauses ersetzt, das aber heute sowohl nach Bauzustand wie Einrichtung dringend wieder nach einer Anderung verlangt. Dieses alte Schulhaus hatte wie das jetzige ein Türmchen für Uhr und Glocke. 1887 ist es einem Brand zum Opfer gefallen; an seiner Stelle wurde dann das Frey’sche Haus errichtet (jetzt Marie Frey). Nach der Aufgabe als Schulhaus soll es auch als Wirtschaft gedient haben (oder war dies das Nachbarhaus?); hinten soll eine Kegelbahn gestanden sein.
Schon früh muß Koch sich der Schriftstellerei zugewandt haben. Die ersten Werke, die Gradmann 1802 anführt, waren der Mathematik gewidmet, die ja auch als besonderer Gegenstand seiner Ausbildung im Seminar hervorgehoben wird. 1796 erschien als „Lehrbuch für Landschullehrer“ der Versuch einer theoretisch-praktischen Anleitung zur Ausübung der Geometrie, 1797 folgte die Anweisung zu einer vollständigen Zieler-Berechnungs-Methode, 1800 das Rechenbuch für alle Stände.
Später hat Koch sich ganz von der Mathematik abgewandt. Als „Neue Bilderschule“ sammelte er „interessante Erzählungen aus der Geschichte, der Kunst und des Menschenlebens zur angenehmen und nützlichen Unterhaltung für die heranwachsende Jugend“. Er geht dabei davon aus, daß nichts für den jugendlichen Charakter bildender ist als das Beispiel; anziehende und lehrreiche Erzählungen aus dem Leben seltener und merkwürdiger Personen nimmt er deshalb mit Vorliebe in seine Sammlung auf. Er will das Kind für das Leben tauglich machen; neben der Tugend läßt er deshalb auch das Laster „nach ihrer waren Gestaltung im Leben“ auftreten. Besonders will er auch die „Bildung des ästhetischen Gefühls und Kunstsinnes“ fördern, weshalb er z. B. eine Beschreibung des alten Athen, des Straßburger Münsters usw. bringt. Im ganzen will er das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden, was er durch Reichhaltigkeit, Mannigfaltigkeit und Abwechslung des Stoffes zu erreichen sucht. Seine Absichten erläutert er 1825 in der Widmung an die königlichen Prinzessinnen mit folgenden Worten: „Als Freund der Jugend, deren Bildung ich mein ganzes bisheriges Leben gewidmet habe. mache ich es mir auch am Abend meiner Tage noch zur angenehtnen Pflicht, Segen und Freude unter derselben zu verbreiten zu suchen.“ Nach seinen eigenen Worten bemühte er sich, seine Quellen mit Vorsicht und mit Treue gegenüber dem Original zu benützen. Besonders will er auch die Kenntnis fremder Länder und Erdteile und ihrer Bewohner fördern. Dabei sucht er in erster Linie auch das Hauswesen, die Haushaltung der Bewohner darzustellen, in der Absicht, den Lesern und Leserinnen zu zeigen, wie wenig der Mensch an sich zum Leben bedarf, und damit jeder sich mit dem Notwendigsten begnügen lerne, um damit auch in schweren Lebenstagen das nötige Selbstvertrauen in den eigenen Willen anzuspornen. In der Vielfalt und Schönheit der Natur will er die Wunder des Schöpfers zeigen und zu seiner Anbetung führen. Die Sprache der Bücher ist klar und schlicht. Koch versteht es, seine Gedanken verständlich und überzeugend auszudrücken, wie sich insbesondere in den Widmungen und Einleitungen zeigt. Um seinen Anteil an der Bearbeitung der gesammelten Erzählungen festzustellen, müßte man die Originale gegenwärtig haben und zum Vergleich heranziehen. Daß er teilweise ziemlich frei vorging, beweist eine Darstellung der Schiffahrt und Entdeckung Amerikas durch Kolumbus, wobei er selber als Vater seinen sechs ältesten, namentlich genannten Kindern erzählt, die durch gelegentliche Fragen und Bemerkungen ihr Interesse zeigen und die Schilderung beleben. Das Wort wird jeweils ergänzt durch Zeichnungen (Kupferstiche), jeder Erzählung ist eine Illustration beigegeben. Ob an ihrer Ausführung Koch selbst beteiligt war, ist nicht ohne weiteres zu sagen; jedenfalls dürfte ein Plan der Schlacht von Döffingen (Ausgabe 1816, S. 55) von ihm selbst stammen. Auch die Zeichnungen, von denen je eine die sechs Bändchen seiner Burgendarstellung schmücken, könnten von Koch selber verfertigt sein.
Damit kommen wir zu dem wohl originellsten und wichtigsten Werk von Adam Friedrich Koch. Es ist in sechs Lieferungen 1828 erschienen unter dem Titel: „Die Ritterburgen und Bergschlösser im Königreiche Württemberg.“ Behandelt werden: Schalksburg, Nippenburg, Hohenstaufen, Hohenwaldeck (1) — Zavelstein, Oberlimpurg, Hohenberg, Ebersberg, Achalm, Hohenrechberg (2) — Neuffen, Calw, Hohen-Nagold, acht Ruinen um das Blautal, Staufeneck (3) — Rosenstein, Helfenstein, Hohen-Urach, Hohen-Zimmern, Hohen-Wittlingen und sechs hohenlohische Burgen (4) — Hohen-Gerhausen, Teck, Magenheim, Grafeneck, Blankenhorn, Falkenstein (5) — Hohentwiel, Albeck, Weinsberg, Neuneck (6). Koch will damit nach seinen eigenen Worten „als besonderer Liebhaber von Altertümern“ die Örtlichkeiten der merkwürdigsten vaterländischen Ritterburgen und die damit verbundenen historischen Beziehungen und Ereignisse festhalten. Den Plan dazu scheint er schon sehr früh gefaßt zu haben. Als echter Forscher gab er sich aber nicht damit zufrieden, die Burgbeschreibungen aus Büchern zusammenzutragen; „es ist gar nicht anders möglich, als solche zu bereisen, sie mit der ausgezeichnetsten Aufmerksamkeit zu besichtigen und alles oft wirklich mit Lebensgefahr zu untersuchen.“ Die Darstellung wollte er dann durch lithografierte Zeichnungen erläutern, mußte sich hier aber des Preises wegen auf eine für jedes Bändchen beschränken. Leider hat er seine Quellen nicht angegeben, weil sie, wie er sagt, dem Gelehrten ohnedies bekannt seien und den Leser nur ermüden und langweilen würden. Mit den historischen Notizen verbindet er jeweils auch die örtlichen Sagen, von denen er mit Recht wünscht, daß ihr oft roher Stoff mehr bearbeitet und der tiefere Sinn dem Verstande und dem Herzen des Nachdenkenden nähergebracht würde. So ist das Ganze ein sehr löbliches Unternehmen, wenn auch die Ausführung im einzelnen nicht immer befriedigt und vor allem den heutigen Ansprüchen und dem jetzigen Stand der Forschung nicht mehr genügen kann.
Dieses Werk wie auch die früheren Erzählungsbände hat Koch im Wege der Subskription, also durch Vorbestellung, herausgebracht. Leider ist uns nur in einem Buch, der Neuen Bilderschule von 1825, durch Aufnahme in die Einleitung die Liste der Besteller erhalten. Die Bezieher von etwa 200 Exemplaren sind hier namentlich aufgeführt; neben Stuttgart ist hauptsächlich Schramberg vertreten, daneben weitere 60 Städte und Gemeinden, vor allem in der Nähe, aber doch auch bis nach Schöntal, Neuenstadt, Gerstetten und Ulm. In einem Schullehrer A. C. (richtig: G. C.) Koch in Waldrems und einem A. A. Koch, Assistent bei dem K. Oberamtsgericht in Tübingen, dürfen wir Söhne des Verfassers erblicken. Vor allem sind auch die Kollegen der benachbarten Gemeinden Besteller, oft auch die Pfarrer, so derjenige seiner Heimatgemeinde Ostdorf. Der Erfolg in Schramberg ist wohl dem 24jährigen Sohn, dem Rentamts-Verweser W. L. Koch, zu verdanken. In Stuttgart sind es hauptsächlich auch Damen vom Adel und des Hofes, die sich für sein Buch interessieren. Die lange Liste der Bezieher scheint dafür zu sprechen, daß die Werke von Adam Friedrich Koch beliebt waren und gern gelesen und gekauft wurden. Ein großes Geschäft sind sie aber sicher nicht gewesen, sonst wäre nicht jedes wieder bei einem anderen Drucker und Verleger herausgekommen.
Zum Schluß sei ein Verzeichnis der Koch ’schen Werke gegeben, soweit sie mir bekannt geworden sind; wenn sie auf den Bibliotheken in Stuttgart oder Tübingen vorhanden sind, ist dies in Klammern beigefügt.
Nach Mitteilung der Universitätsbibliothek Tübingen führt die Bibliographie von Heinsius das Werk Ziffer 6 mit dem Erscheinungsort Ludwigsburg 1827 auf, desgl. eine zweite Auflage 1831. Ob es sich hierbei tatsächlich um weitere Ausgaben handelt?
(1953)
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Familie Hess.
Literaturhinweis:
Karl Hess: Adam Friedrich Koch – Ein Dorschullehrer in Lehenweiler als Pädagogischer Schriftsteller und Burgenforscher. In: „Heimat Schönbuch und Gäu. Ausgewählte Beiträge zur Geschichte einer Landschaft und ihrer Menschen. Festgabe für Landrat i. R. Karl Hess zu seinem 75. Geburtstag am 10. August 1986, S. 129-135 (Veröffentlichung des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V., Bd. 17).