Viele Gärtringerinnen und Gärtringer kennen Gustav Raisch als Heimatmaler, der das alte Gärtringen in einmaliger Weise portraitiert hat. Der gelernte Sattler hat jedoch nicht nur zahlreiche Bilder hinterlassen, sondern auch ein außergewöhnliches Zeitdokument über seine Erlebnisse als Landser im Zweiten Weltkrieg.

Diese handschriftlichen Manuskripte lagerten lange Jahre ungelesen in einer „Munitionskiste“ auf dem Dachboden des Elternhauses – und werden nun in verkürzter Form in der Reihe des Kreisarchivs „Zur Kultur und Geschichte im Landkreis Böblingen“ veröffentlicht.

Gustav Raisch gewährt darin Einblicke in die Dimensionen des Krieges, wie sie in keinem traditionellen Schulbuch zu finden sind. Dabei misst er dem kleinen, alltäglichen Geschehen ebensoviel Gewicht zu wie dem ‚großen‘ Ereignis, so dass ein sehr dichtes Bild von äußeren Gegebenheiten und inneren Befindlichkeiten entsteht. Im Besonderen interessiert er sich für die Menschen vor Ort, in Russland -, beschreibt ihre Lebensverhältnisse, die wirtschaftlichen Einrichtungen …

Dieses ethnografische Interesse kommt auch in den Fotos zum Ausdruck, die er selbst gemacht hat. So sehen wir beispielsweise eine ukrainische Familie, in der seine Einheit Quartier genommen hatte.

Seine Erinnerungen stellen ein wertvolles Zeitzeugnis für die Gemeinde Gärtringen wie auch für den Kreis Böblingen dar – und sie liefern einen wichtigen Beitrag zur Erfahrungsgeschichte des Zweiten Weltkrieges.

Mit der Herausgabe von Gustav Raischs Aufzeichnungen setzt das Kreisarchiv die Tradition fort, außergewöhnliche lebensgeschichtliche Zeitdokumente einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Gerade in diesem persönlichen Blickwinkel auf das Leben und die Zeit, bei dem sich die große Geschichte mit dem einzelnen Lebenslauf verbindet, gewinnt der Kreis wie auch die Gemeinde an kultureller Identität.