Dätzingen und sein Altbach
Autorin: Ines Laag
Schon 1236 hatte Ulrich von Tätichingen (Dätzingen) sein Land dem Johanniter-/Malteserorden geschenkt, der für die nächsten 500 Jahre über Dätzingen herrschte. 1770 übernahm Freiherr Johann Baptist Anton von Flachslanden die Verwaltung dieses Besitzes. Er kümmerte sich um eine Verbesserung des Sozial- und Schulwesens in Dätzingen und um die Gestaltung des Ortes und des Schlosses. Unter anderem ließ er einen Landschaftspark östlich des Schlosses anlegen. Der Altbach wurde in die Gestaltung mit einbezogen.
Der an Dätzingen angrenzende Bereich im Ostelsheimer Tal wurde dafür trockengelegt und der Bach umgestaltet. Von einem Tempel des Fauns aus floss ein Teil des Altbaches über eine Wassertreppe mit mehreren Kaskaden. Im Anschluss daran entstand ein kleiner, künstlicher See mit einer Insel in der Mitte, der ebenfalls von dem Bach gespeist wurde.
Das überschüssige Wasser wurde über einen Kanal in einen weiteren kleinen Ententeich geleitet. Von dort aus folgte der Bach seinem vorherigen Verlauf durch Dätzingen. Zeichnungen aus dieser Zeit zeigen, dass der Altbach innerhalb von Dätzingen schon damals begradigt und befestigt war.
1803 fiel durch die Säkularisierung der Besitz des Ordens mit dem Schloss an das Königreich Württemberg und wurde 1809 an Karl von Dillen, einen Günstling des Königs, vergeben.
Tempel des Fauns im ehemaligen Dätzinger Schlosspark, nach Umgestaltung durch Malteserkomtur Freiherr von Flachslanden (abgebrochen). (Bild: Heimatmuseum Grafenau)
Um 1830 entstand die Urflurkarte von Württemberg. Zusammen mit der etwa 20 Jahre später entstandenen Beschreibung des Oberamts Böblingen gibt sie uns heute ein genaues Bild über den Verlauf und die Nutzung der Gewässer und Auen Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Schlosspark wurde umgestaltet. Die ehemalige Wassertreppe des Landschaftsparks wurde zum eigentlichen Bachlauf und ein weiterer Teich wurde angelegt. Der Verlauf des Altbachs durch Dätzingen war befestigt. Auf einem kurzen Abschnitt wurde der Bach durch einen unterirdischen Kanal geleitet (erste Verdohlung).
Heute trifft der Bach (von Ostelsheim kommend) unter zwei großen Pappeln auf die ersten Häuser Dätzingens. Die drei vorhandenen Sohlstufen sind wahrscheinlich Teil der o.g. Wassertreppe. Am Ufer sind Hochstaudenfluren mit Mädesüß und Röhrichtbestände zu finden. Dieser Bereich ist durch den asphaltierten Feldweg nach Ostelsheim gut erschlossen und durch seine Lage sehr attraktiv für die Freizeitnutzung. Über die Wiese und mehrere kleine Brücken besteht die Möglichkeit, direkt an das Gewässer zu gelangen. Die Mahd bis nahe an den Bach beeinträchtigt allerdings die Entwicklung einer naturnahen Bachvegetation.
Im Schlosspark wird ein Teil des Wassers abgeleitet, um ein betoniertes Fischaufzuchtbecken und im Anschluss daran den Weiher zu speisen. Das restliche Wasser fließt über ein 1,5 Meter hohes Wehr in einen geradlinigen Graben. Das Ufer des Grabens ist zum großen Teil durch Mauern gesichert, die noch aus der Entstehungszeit des Parks stammen könnten. Obwohl das gesamte Gelände als Naturdenkmal geschützt ist, ist der Bach in einem naturfernen Zustand. In dem anschließenden Wäldchen befindet sich aber eine Brutkolonie von Graureihern und in den alten, teilweise abgestorbenen Bäumen leben u.a. Fledermäuse.
Im Anschluss an den Park fließt der Bach durch einen gemauerten oder betonierten Kanal. Er führt direkt an oder unter Häusern, Hinterhöfen und Straßen vorbei. Hinter dem Gasthof Engel verschwindet der Bach in einem 450 Meter langen, unterirdischen Kanal, der keinen Lebensraum für Pflanzen und Tiere bietet. Erst nach der Dätzinger Mühle tritt er wieder zutage. Bevor der Bach dann in die Würm mündet, überwindet er über 3 Sohlstufen eine Höhe von etwa 1 Meter. Rechts der Mündung befindet sich ein kleines Wäldchen aus Weiden und Erlen. Die freien Uferbereiche werden von Brennesseln dominiert.
Altbach kurz vor Dätzingen. (Foto: Klaus Philippscheck)
Erstveröffentlichung: Ines Laag, Die Bäche von Grafenau, Diplomarbeit an der Fachhochschule Nürtingen, 2000.
Der Text wurde gekürzt.
Mit freundlicher Genehmigung der der Autorin