1623 gab es im Bezirk folgende Keltern: 4 in Unterjesingen, eine in Reusten, dem Kloster Bebenhausen gehörende, 1760 infolge Aufgabe des Weinbaus überflüssig geworden und zur Dorfkirche umgewandelt, je eine in Herrenberg (jetzt Kasten oder Steinhaus genannt), Gültstein, Tailfingen, Rohrau und Pfäffingen, 2 in Mönchberg, beide dem Kloster Hirsau gehörend und 4 in Kayh, 2 der „Kellerei“ (Kameralamt), 2 dem Kloster Bebenhausen gehörend. Die letzte Kelter wurde in ein Schafhaus umgewandelt. (…)
In einer Handschrift vom Jahr 1771 wird berichtet, dass in Herrenberg „noch ein kleines Häldlein von 10 bis 12 Morgen allhier gebaut werde, der Wein sei aber schon 30 Jahre nicht mehr geraten, daher die Inhaber verlegen und auf Pflanzung anderer nützlicher Gewächse verfallen seien„. Noch 1784 gab es in Herrenberg Wein, der aber nicht „hinreißend“ gewesen sein mag, denn als niedrigster Preis wird pro Eimer 8 Gulden angegeben. Wie kam es nun, daß der einst so blühende Weinbau fast völlig aufhörte?
Schuld war vor allem der Dreißigjährige Krieg, die hohen und vielen Steuern, das Aufkommen des Most- und Biertrinkens, die Vermehrung der Bevölkerung, die ein größeres Areal für den Frucht- und Futterbau verlangte, die Einfuhr fremder Weine mit zunehmender Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, fortgesetzter Mißwachs infolge der Frühjahrsfröste, die Einführung schlechter Sorten und zuletzt der Anbau des Hopfens, der viel Zeit und Platz in Anspruch nimmt. In unserer Gegend wurden wohl die ersten Hopfen in Württemberg angebaut. Die Kriegsjahre führten zur Begünstigung der sog. „Elender“ oder Putzscheren, die zwar Massenerträge lieferten, aber dem Absatz schadeten und den Weinhandel nach den napoleonischen Kriegen fast lahm legten. Der Elender ist nichts anderes als die berühmte Tokayertraube, die schwäbische Kolonisten aus Ungarn mitbrachten, nicht ahnend, dass die Rebe, die in ihrer Heimat den feurigen Wein erzeugt, infolge der ungünstigeren Daseinsbedingungen zum Rachenputzer herabsinken würde. (…) Wohl erklärte ihnen die Regierung öfters den Krieg, so in scharfen Verordnungen 1791 und 1892, aber auszurotten war sie nicht. (…)
Im Jahre 1825 wurde in Württemberg eine „Gesellschaft für Verbesserung des Weinbaus“ gegründet. Sie sorgte für Einführung besserer Sorten (Weißriesling, Traminer, Klevner und Gutedel). Doch nahm in unserer Gegend der Weinbau zusehends ab. Im Jahr 1855 waren noch 663 Morgen angepflanzt. lm Jahr 1900 war der Weinbau auf 282 Morgen zurückgegangen und hat seither noch Jahr um Jahr abgenommen. Doch wird ab jetzt der tiefste Stand erreicht sein und statt dem gänzlichen Aufgeben der uralten Kulturen des Weinstocks, scheint jetzt ein Wendepunkt und Anfang zum Aufstieg eingetreten zu sein.