Die Rankbachstadt hatte schon als Dorf eine kleine Stadtmauer
Anfang des 17. Jahrhunderts ersetzte eine Mauer den sonst üblichen Etterzaun
Autor: Matthias Weigert
Wer auf dem Renninger Friedhof im Norden die mehrere hundert Meter lange Steinmauer erblickt, der könnte sie mit einer Friedhofsmauer verwechseln. Das gute Stück, das jetzt für 45 000 Euro saniert wurde, stammt allerdings aus dem 17. Jahrhundert. Es ist Teil der 1600 Meter langen Ortsettermauer, die zu einem Drittel erhalten blieb. Und wo jetzt der Friedhof ist, da hatten die Renninger damals ihre Gärten. „Das Ortsschild markiert heute den so genannten Ortsetter“, erklärt Marin Wolf. Der langjährige Beigeordnete und Kämmerer kennt sich aus mit der Heimatgeschichte seiner Rankbachstadt: „Und früher brauchte es eben einen Etterzaun, der verhinderte, dass die Haustiere ins freie Feld verschwanden“.
Doch Renningen sei eben schon damals etwas wohlhabender gewesen, lacht der Kämmerer: „Deshalb trugen sich die Altvorderen um 1600 auch mit der Idee, den Zaun durch eine stattliche, gut zwei Meter hohe Mauer zu ersetzen“. Ein Drittel der Kosten übernahm die Gemeinde, den Rest hatten die Anwohner zu finanzieren.
Gut rekonstruieren lässt sich auch der alte Ortskern von Renningen mithilfe des Bauwerks. Im Süden verläuft die Ortsettermauer nördlich des Friedhofs. Im Westen verlief sie an der Humboldtstraße entlang der Malmsheimer Straße, auch dort sind Reste noch erkennbar. Dann ging es weiter Richtung Norden, an der heutigen Planstraße zum Rankbach. Südlich des Ufers verlief sie bis zur Leonberg Straße. „Und an der Leonberger Straße war die Wette, die als Tränke für die Tiere diente“, erzählt Wolf. Dann schloss sich der Kreis an der Mühlgasse.
Dort ist bis zum heutigen Tag auch das wohl imposanteste Stück der „Stadtmauer“ zu erleben. „Dafür sorgten die beiden ortsansässige Steinmetze Steudle und Haarer/Schwämmle“ mit ihren großen handwerklichen Fähigkeiten“, lobt Wolf.
Reste der alten Renninger Dorfettermauer vom Anfang des 17. Jahrhunderts.
Und auch der städtische Museumsleiter ist froh, dass auch die so genannten Schlusssteine teilweise restauriert wurden: „Sie sind der Abschluss des Bogens und wurden besonders aufwändig mit Zier- und Schmuckformen versehen“, erklärt Martin Frieß, der in den Annalen geblättert hat, um über die „kleine Stadtmauer“ mehr zu erfahren. Die Schlusssteine stammen demnach erst aus dem 18. Jahrhundert und tragen die Namen der damaligen Besitzer der Gärten: „Die Mauer selbst wurde Anfang des 17. Jahrhunderts errichtet als Ortsettermauer, und zwar aus typischem Renninger Keupersandstein und Muschelkalkstein“.
Nur sechs offizielle Durchlässe oder Tore gab es im 17. Jahrhundert, so Frieß: „Im 30-jährigen Krieg waren die Renninger froh, dass sie ihre Mauer hatten. Und dies war eine Seltenheit unterhalb des Status einer Stadt.“ Die Besitzer der Gärten hatten allerdings einen Nachteil. Sie mussten immer einen langen Umweg in Kauf nehmen, um in ihre Gärten zu gelangen, die durch die Ettermauer abgetrennt war.
Vielleicht deshalb hatten die Renninger einen flotten Laufstil und so ihren Namen abbekommen. Denn Tore zu bauen, war bei Strafe verboten, sogar ein Schultheiß musste laut Frieß einen Durchlass wieder verrammeln. Erst 1770 fiel das Verbot, konnten in der Mühlgasse die jetzt restaurierten Tore errichtet werden.
Tordurchlass in der Renninger Ettermauer
Erstveröffentlichung: Kreiszeitung / Böblinger Bote vom 03. August 2005
Mit freundlicher Genehmigung der Kreiszeitung / Böblinger Bote