Die wichtigsten Ergebnisse der Höfinger Grabung
1. Erstmals wurde ein Siedlungsareal mit den aufeinanderfolgenden Kulturgruppen Schwieberdingen und Schussenried in seiner Ausdehnung (ca. 13.500 m2) fast vollständig erfasst. Dokumentiert wurden ca. 1300 archäologische Befunde, d.h. Verfärbungen von Gruben, Pfostenlöchern und Gräbchen. Zum Vergleich: Das bisher größte ergrabene Areal einer Schussenrieder Siedlung lag unter dem bekannten Hallstatthügel von Hochdorf mit einer geschätzten Siedlungsfläche von 11.00 m2.
2. Innerhalb der Siedlung fand man überraschender Weise 11 Bestattungen. (…)
3. Am Ostrand der neolithischen Siedlung wurden hallstattzeitliche Gruben (8.5. Jh. v. Chr.) ausgegraben, am Südostrand einige frühmittelalterliche (5.-8. Jh. n. Chr.). Der südlich der Siedlung vermutete römische Gutshof erwies sich als durch das zur Glems anschließende Wohngebiet überbaut.
4. Die Besiedlungsdauer der Höfinger Siedlung wurde von ca. 4300 - 3900 v. Chr. angesetzt, also rund 400 Jahre. (…)
Archäologisch: Jungneolithikum
Archäologisch gesehen, gehört die Siedlung von Höfingen ins Jungneolithikum. Neolithikum heißt auf griechisch Jungsteinzeit und bezeichnet die früheste Epoche mit produzierender, bäuerlicher Wirtschaftsweise. Jungneolithikum, d.h. “Jungjungsteinzeit“, nennen die Archäologen einen späteren Abschnitt des Neolithikums. Mit anderen Worten: Die Bewohner des Höfinger Dorfes um 400 v. Chr. waren Bauern. Aber sie waren nicht die ersten.
Veränderungen des Jungneolithikums (etwa 4300 – 3400 v. Chr.)
Die bäuerliche Wirtschaftsweise war in Süddeutschland schon seit ca. 5000 v. Chr. bekannt (seit der sog. „Linearbandkeramik“). Im Gegensatz zu den umherziehenden Jägern und Sammlern der Alt- und Mittelsteinzeit wohnte man ab dem Neolithikum erstmals in Häusern, betrieb Ackerbau und Viehzucht, stellt Keramik her und geschliffene und polierte Werkzeuge aus Stein. Entwickelt wurden Sesshaftigkeit, Ackerbau und Viehzucht bereits ab dem 10. Jahrtausend vor Chr. zwischen Euphrat und Tigris im „fruchtbaren Halbmond“. Von dort gelangten sie nach und nach donauaufwärts. (…)
Vom Jungneolithikum sprechen die Archäologen in Süddeutschland etwa von 4300 – 3400 v. Chr. Grund sind Veränderungen, die sich im Fundmaterial abzeichnen:
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- Keramik: besonders die Keramik zeigt nach 4300 v. Chr. kleinräumig fassbare Unterschiede
- Bestattungssitten: Die Bestattungssitten sind unbekannt. Überliefert sind nur wenige Tote.
- Hausbau: Die Häuser werden zunehmend leicht und klein („Einfamilienhaus“). Vorher waren Höfe bis zu 30 m Länge üblich.
- Siedlungspläne: Dörfer aus dichten Hauszeilen werden angelegt, die oft umzäunt sind. …
- Ausweitung der Siedlungsräume: Auch feuchtere und wenig ertragreiche Landstriche werden besiedelt. … Bisher waren nur fruchtbare Lößgebiete dauerhaft besiedelt. An den Seen rund um die Alpen entstehen die ersten Seeufersiedlungen („Pfahlbauten“).
- Beilzwischenschäftungen: Geweihstücke von Rotwild wurden jetzt zwischen Steinbeil und Holzholm „gefüttert“, um die Wucht des Schlages abzufedern.
- Erstes Kupfer: Seit beginn des Jungneolithikums sind die ersten Kupfergegenstände Süddeutschland belegt. … Sie sind Importe aus Osteuropa. Ab 4000 v. Chr. goss und hämmerte man dann Kupfer in den meisten Kulturen Süddeutschlands. (…)
- Das Rad: Die ersten Scheibenräderfunde aus Holz sind aus Feuchtboden vom Ende des Jungneolithikums (3. Jtsd. v. Chr.) bekannt. … Rinder werden als Zugtiere eingesetzt.
- Haustiere: Vermutlich wurde nun von Schafen die Wolle genutzt, ohne sie zu töten. Am Ende des Jungneolithikums finden sich auch erstmals Schlachtabfälle von Hauspferden.
Aller Wahrscheinlichkeit nach gingen mit diesen Entwicklungen auch Veränderungen der gesellschaftlicher Organisation einher.