Unter-Jettingen, Gemeinde III. Klasse mit 909 Einw., bestehend aus:a. Unter-Jettingen, Pfarrb. mit 870 Einw., wor. 5 Kath.b. Sindlingen, Weiler, Königl. Hofdomäne, mit 89 Einw. – Ev. Pfarrei.Die Kathoh. sind nach Hailfingen, D.A. Rottenburg eingepfarrt.
Auf der Grenze zwischen Schwarzwald und Gäu liegt zwei Stunden südwestlich von der Oberamtstadt und 5/4 Stunden nordöstlich von Nagold, das in die Länge gebaute Pfarrdorf, welches durch ein anmutiges Wiesenthälchen von dem nur ¼ Stunde entfernten Ober-Jettingen getrennt ist.
Der im Allgemeinen freundliche, hinter Obstbäumen versteckte Ort, von dem man eine ausgebreitete Aussicht an die Alp genießt, hat eine hohe, etwas unebene Lage; die Häuser sind meist ansehnlich und mit steinernen Unterstöcken versehen, dagegen geht den im Ganzen reinlich gehaltenen Ortstraßen noch die Kandelung ab. Gutes Trinkwasser liefern 24 Pumpbrunnen, von denen zwar einzelne in besonders heißen Sommern ihren Dienst versagen, ohne dass jedoch Wassermangel entsteht…..
Am nördlichen Ende des Dorfes liegt die im Jahre 1829 neu erbaute Pfarrkirche, welche ein leichseitiges Viereck bildet und mehr einem Betsaale, als einer Kirche gleicht, indem ihr nicht nur aller architektonische Schmuck, sondern auch der Chor abgeht. Der viereckige Thurm ist alt, aber zu nieder, und ragt nur mit seinem einfachen Zeltdach über den First des Langhauses empor….Die Kirche und den außerhalb des Orts gelegenen Begräbnisplatz, wie auch das Pfarrhaus hat der Staat unter Concurrenz der Gemeinden Ober- und Unter-Jettingen zu erhalten.
Das Pfarrhaus befindet sich in ganz gutem Zustande, ebenso das sehr ansehnliche Schulhaus, welches im Jahre 1846 am nördlichen Ende des Orts neu erbaut wurde und über alle übrigen Gebäude namhaft hervorragt; es enthält zugleich Wohnung für den nebst einem Lehrgehülfen an der Volkschule angestellten Schulmeister. Seit 1850 besteht auch eine Industrieschule. Früher befand sich die Schule in dem schon ziemlich alten Rathause….
Die im Allgemeinen kräftig und wohlgewachsenen Einwohner sind fleißig und haben viel religiösen Sinne, der häufig in Pietismus übergeht; ihre Vermögensumstände gehören zu den mittelmäßigen und ihre Haupterwerbsmittel bestehen in Feldbau und in einer ausgedehnten Viehzucht, indessen hat der größte Güterbesitzer nicht über 70 Morgen Feld….
Die bekannten Jettinger Rüben, im Orte selbst Vesperrüben, trockene Rübe genannt, werden hier noch häufiger als in Ober-Jettingen gezogen….
Von großer Erheblichkeit ist die Rindviehzucht, indem der Handel mit Kälbern, besonders aber mit Mastochsen, eine namhafte Erwerbsquelle der Einwohner bildet; das hier gezogene Mastvieh ist wohl das schönste im ganzen Bezirk und wird hauptsächlich nach Stuttgart und in das Großherzogthum Baden abgesetzt. …
Außer der am südlichen Ende des Orts stehenden Ziegelhütte, zwei Schildwirtschaften und einer Spezerei- und Ellenhandlung, beschränken sich die Gewerbe auf die nöthigsten Handwerker. Erwähnenswert sind die Bildschnitzwerke, welche Gottlob Haag, Bauer zu Unter-Jettingen, aus Liebhaberei verfertigt; sie stellen meist Szenen aus der biblischen Geschichte dar, und zeugen sowohl von dem frommen, einfachen Sinn, wie von dem Talent des Verfertigers, der sich, ohne je eine Anleitung weder im Zeichen noch in der Bildschnitzkunst erhalten zu haben, aus eigenem innerem Drang zum Künstler heranbildete….
Die frühesten bekannten Besitzer Unter-Jettingens sind die Grafen von Hohenberg; es steht dahin, ob diese als Rechtsnachfolger der Pfalzgrafen von Tübingen oder von altem Stammgut her ihre hiesigen Rechte und Güter inne hatten….
Wahrscheinlich um’s Jahr 1400 mit Altensteig ist das Dorf an Baden gekommen (Renscher Statutarrechte 68)…. . An Württemberg kam es den 20. Dec. 1603 mit Altensteig und Liebenzell durch den Herzog Friedrich von Württemberg, dem Markgrafen Ernst Friedrich von Baden abgetauscht….