Malmsheim in der Beschreibung des Leonberger Oberamts von 1852
Malmsheim, Gemeinde III. Kl. mit 1024 Einw. a. Malmsheim, Pfarrd., 1018 Einw., wor 1. Kath. b. Rankmühle, 6 Einw. – Ev. Pfarrei.
Im Rankbach-Thale, das gegen Süden ziemlich hohe und steile, gegen Norden aber nur sanft ansteigende Gehänge hat und daher den rauhen Winden zugänglich ist, liegt 2 ½ Stunden südwestlich von Leonberg das ansehnliche, ziemlich regelmäßig gebaute Pfarrdorf. Dasselbe ist mit guten Straßen versehen und seine von Holz erbauten Häuser sind meist gut erhalten. Es bestehen 2 Brunnen, welche von einer nie versiegenden Quelle gespeist werden; bei großer Trockenheit ist übrigens die Einwohnerschaft unmittelbar an die außerhalb des Orts liegende Hauptquelle gewiesen. Aus dem mitten durch das Dorf fließenden Rankenbache, dessen Wasser öfters trübe und faulig schmeckend ist, wird das Vieh getränkt. Eine periodisch fließende Quelle, deren Erscheinen ein Mißjahr andeuten soll, befindet sich westlich vom Dorf.
Die Pfarrkirche mit dem ehemals festen, ummauerten Kirchhof, liegt beinahe mitten im Dorf; das Langhaus derselben wurde durch die in den Jahren 1607 und 1817 an der Kirche vorgenommenen Veränderungen entstellt und seiner ehemaligen germanischen11 Bauweise beinahe gänzlich beraubt. … Das Innere ist hell und erhielt erst in neuester Zeit eine Tünchung, von welcher auch der alte, achteckige, im germanischen Styl gehaltene Taufstein, auf dem das württembergische Wappen angebracht ist, nicht verschont blieb. … Der viereckige, massive Thurm geht gegen oben in ein Achteck über, dem ein mit Blech gedecktes Bohlendach aufgesetzt ist. …Das mit allen erforderlichen Bequemlichkeiten und geschlossenem Hofraum versehene Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, liegt frei und angenehm etwa 300 Schritte von der Kirche entfernt, an der gangbarsten Straße des Dorfs, und befindet sich trotz seines Alters in gutem Zustande.
Nächst der Kirche liegt das Schulhaus mit Lehrerwohnung; es ist mangelhaft, daher der Bau eines neuen beabsichtigt. Das geräumige Rathaus befindet sich in gutem Zustande; auch ist längst ein Gemeinde-Back- und Waschhaus vorhanden.
Die sehr betriebsamen, gutgearteten Einwohner sind im Allgemeinen in günstigen Vermögensumständen; die minder bemittelten sichern sich durch Holzmachen ihr Auskommen und keine Familie ist so unbemittelt, daß sie nicht im Stande wäre, eine Kuh zu erhalten. Haupterwerbsmittel sind Feldbau und Viehzucht. …
In der zu ¾ angeblümten Brache baut man Kartoffeln und Ackerbohnen, Wicken, Klee, Mohn und ziemlich vielen Hanf; letzterer wird meist im Ort versponnen und dann das Gewebe verkauft. …
Im Orte befinden sich 4 Schildwirthschaften, 1 Brauerei und 2 Krämer.
Von den übrigen Gewerben, welche meist nur den örtlichen Bedürfnissen dienen, ist das der Leineweber am stärksten vertreten. Neben der Volksschule, an welcher ein Lehrer und ein Lehrgehilfe unterrichten, besteht auch eine Industrieschule. …
Malmsheim tritt im Jahr 1075 in die Geschichte ein; Diemo de Malbodesheim ist damals Zeuge in einer Urkunde des Klosters Hirschau. … Im Jahr 1183 erscheint Malmsheim unter den hohenstaufischen Hausgütern (…).
Schlösser stunden hier zwei. Ein unteres liegt schon seit ein Paar Jahrhunderten wüste; ein Grasgarten wird nach ihm der Schloßgarten genannt; ein oberes Schloß liegt beinahe mitten im Ort und gehört gegenwärtig einem Bürger Jakob Völmle. …
An Württemberg ging die Lehensoberherrlichkeit über diesen Ort um 1356 von den Grafen von Vaihingen über. …
Hirschau hatte schon frühe hiesige Besitzungen. … Auch das Kloster Bebenhausen besaß hiesige Güter.
Quelle: Beschreibung des Oberamts Leonberg. Herausgegeben von dem königlichen topographischen Bureau, Stuttgart 1852.
Der Text wurde gekürzt.
Eine ungekürzte Version der Beschreibung von Malmsheim finden sie auf dem Internet-Portal Wikisource.
Mit freundlicher Genehmigung des Bissinger-Verlags Magstadt
Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen
Im Jahre 1820 wurde auf Dekret König Wilhelms I das königliche statistisch-topographische Bureau in Stuttgart gegründet. Zwischen 1824 und 1886 entstanden dort Beschreibungen aller 64 württembergischen Verwaltungsbezirke und ihrer Gemeinden. Als 30. Band erschien 1852 die Beschreibung des Oberamts Leonberg. Auf dem Internet-Portal Wikisource kann diese bereits vollständig abgerufen werden.
Referenz
↑1 | “germanisch“ im damaligen Sprachgebrauch Synonym für „gotisch“ |
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