Zur Schulgeschichte von Breitenstein
Autor: Felix Burkhardt
1717 findet sich Matthäus Lutz als Schulmeister in Breitenstein. Er war ein stiller, alter Mann, 70 Jahre alt, der nach seinen Kräften unterrichtete. 1723 war Hans J. Stäbler, 34 Jahre alt, Schulmeister des Ortes. Er galt als ein ehrbarer Mann, der gern unterrichtete. Doch klagte er über den Schultheiß, der ihm Schwierigkeiten bereite. 1724 nahm man Johann Michael Hertz (Hörtz), 28 Jahre alt, zum neuen Schulmeister an. In der Schulstube tat dieser seine Pflicht und war fleißig, schrieb auch eine gute Handschrift. Nur war seine Besoldung sehr gering. Um ihn besser zu stellen, sollte jeder Bürger, es waren damals 37, ihm 15 Kreuzer geben. Der Schulmeister genoß auch das Almosenbrot von Beben-hausen. Es wurde der Vorschlag gemacht, ihm an Stelle des Brotes Frucht zu reichen. 1725 riet der Schultheiß, das Schulgeld auf 15 Kreuzer zu erhöhen.
Als 1726 der 27jährige Johann Georg Eberwein die Schule übernahm, hoffte man, dieser Schulmeister werde nun länger bei dem Dienst bleiben, schien er doch „kein unfeiner Mensch“ zu sein. Die Besoldung, das wußte man, würde ihn nicht zum Bleiben verlocken; sie war sehr gering. Etliche Jahre blieb Eberwein den Breitensteinern treu. Mit seiner Amtsführung war man zufrieden.
Der Ort hatte 1726 265 Einwohner. 1730 besuchten 28 Schüler die Schule. Um 1735 wurde Hans Martin Stäbler (I). als Schulmeister eingesetzt. Bei seiner Schularbeit zeigte er viel Fleiß. So erreichte er es, daß die Schule beinahe die beste in dem Bezirk wurde (1741). Man gab ihm das Zeugnis, daß er im Buchstabieren und Lesen fundamental, im Dozieren fleißig, im Wandel unsträflich sei. Bei seinem eigenen ziemlichen Kinderhaufen sei er sehr arm. Sieben Kinder hatte er zu ernähren. Der Gemeinde diente er auch als Heiligenpfleger. Seiner niedrigen Besoldung ungeachtet, ließ er sich nicht entmutigen und stand seiner kleinen Schule mit solchem Fleiß und Eifer vor, daß „sie alle Zeit die beste heißt“ (1744). Im Sommer hielt er ebenfalls Schule; 1744 hatte er 37 Winter- und 27 Sommerschüler, im Jahre 1748 waren es 48 Schüler. Ein eigenes Schulhaus besaß er nicht; da er wohl im eigenen Haus unterrichtete, bekam er jährlich 5 Gulden Hauszins. Bis ins Alter behielt Stäbler sein gutes, zum Teil vorzügliches Zeugnis. Als er 67 Jahre alt geworden war und 33 Jahre der Schule gedient hatte, legte er als alter, baufälliger Mann sein Amt nieder.
Am 23. Mai 1769 übertrug man seinem Sohn Martin Stäbler (11.), geboren in Breitenstein 1734, die Schule, nachdem er 10 Jahre an der Neuweiler Schule gewirkt hatte. Mit Recht hielt man ihn für einen ehrbaren und fleißigen Mann, der auch genugsam Geschicklichkeit besaß. Durch seine geringen Bezüge gezwungen, mußte sich der Schulmeister nach zusätzlichen Einkünften umsehen. Er fand sie in der Landwirtschaft, Die Bauernarbeit kostete Kraft. 1784 beklagten sich die Gemeindevorsteher nicht über die Person des Schulmeisters, bemängelten jedoch, daß er sich mit seinen vielen Feldgütern, auf die er keinen Knecht halte, zu viel abgebe, deswegen oft matt und schläfrig in die Schule komme.
Nach seines Vaters Tod hatte Stäbler durch Dekret vom 23. 5. 1769 die Erlaubnis erhalten, die beiden Schulen in Breitenstein und Neuweiler zu versorgen mit der Bedingung, im Winter einen Provisor anzustellen. Die Schule hielt der Schulmeister, der gelernter Schuhmacher war, in seinem eigenen Haus. Die Gemeinde wollte wohl eine eigene Schule bauen, konnte den Plan aber nicht verwirklichen, war doch der Ort zu klein und verfügte nicht über die notwendigen Mittel. Der Schulmeister war nicht geneigt, in seinem Haus bauliche Veränderungen zur Verbesserung der Schulstube vorzunehmen. Die Gemeinde konnte ihren bereits 1797 geplanten Schulbau nicht durchführen, so daß der Schulmeister noch 1805 im eigenen Haus unterrichten mußte. In diesem Jahr konnte Stäbler auf eine 50jährige Amtstätigkeit zurückblicken; aus diesem Grunde erbat er eine „gnädige Unterstützung“.
1806 wurde Wilhelm Christian Zeller, geboren am 19. 4. 1778 zu Renfrizhausen, zum Schulmeister gewählt. Er stand hier im ersten Dienst, war nicht unbemittelt und betätigte sich im Nebenamt als Feldmesser. Seinen Dienst versah er mit Eifer, brachte auch gute Schulgaben und Kenntnisse für seine Aufgabe mit; hatte Geschick, den Verstand der Schüler zu wecken, hielt gute Zucht. Seine Besoldung betrug 1815 150 Gulden. 60 Schüler besuchten die Schule (1815). Ein Schulhaus wird 1807 erwähnt; es wurde in diesem Jahre erweitert.
Am 19. 11. 1819 nominierte die Gemeinde Johann Michael Nonnenmacher, geboren zu Neuweiler am 25. 9. 1797, zum Schulmeister. Mit guten Anlagen und Kenntnissen verband er Berufsfertigkeiten und war um gute Fortschritte seiner Schüler bemüht, hielt auch musterhafte Disziplin. 1822 besuchten 38 Schüler die Schule, die er täglich im Winter und Sommer 5 Stunden unterrichtete. Zu Privatstunden fand er keine Gelegenheit. Im Jahre 1837 wurde die Schule mit Lehrerwohnung und Ratsstube bedeutend erweitert.
Erstveröffentlichung: Beiträge zur Schulgeschichte des Kreises Böblingen von der Reformation bis um 1800, Böblingen 1971. Veröffentlichungen des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V., Band 11, S.34-35.
Mit freundlicher Genehmigung des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V.
Die hier beschriebene Zeit von der Reformation bis um 1800 kannte noch keine so gründliche und planmäßige Lehrerausbildung. Wohl war Württemberg mit der Großen Kirchen- und Schulordnung Herzog Christophs im deutschen Volksschulwesen vorangegangen. Bis in unser Jahrhundert herein blieb aber die Schule ein Kind der Kirche. Das Kirchenvermögen hatte zum Bau und Unterhaltung der Schulgebäude wie zu der meist bescheidenen Besoldung der Schulmeister beizutragen, die der Aufsicht des Pfarrers unterstanden. Weil sie aus den eingezogenen Kirchenpfründen bezahlt wurden, mussten die Schulmeister auch durch Jahrhunderte den Mesnerdienst versehen; sie mussten die Kirchenglocken läuten, die Kirchturmuhr aufziehen, bei Kindstaufen, Hochzeiten und Beerdigungen aktiv mitwirken. Zunächst ging es im Unterricht – der wohl bis lange nach dem 30jährigen Krieg nur im Winter stattfand – um Lesen, Sprüchelernen und Singen, vor allem zur Kenntnis der Bibel und Mitwirkung im Gottesdienst. Schon das Schreibenlernen der Mädchen erregte weithin Widerspruch der Eltern, weil sie es für unnötig ansahen. Regelrechte Protestaktionen gab es später bei der Einführung des Rechnens. Durch Jahrhunderte wurde das Schulhalten als Nebenberuf durch Handwerker betrieben; kein Wunder, dass mehr Handwerkerdrill als Denkschulung angestrebt wurde. Begabte Schüler kamen unter Mitwirkung des Pfarrers als Lehrling, „Incipient“ zu einem Schulmeister, später konnten sie dann als Geselle, „Provisor“ genannt, an einer größeren Schule tätig seih, bis sie zum Schulmeister gewählt und vom Konsistorium nach einer Prüfung bestätigt wurden. …