Industrialisierung in Höfingen
Autoren: Heinrich C. Birnbaum, R. Albrecht, P. Hezer, W. Mergel
Höfingen ist durch die Jahrhunderte ein reines Bauerndorf, in dem jeder von der Landwirtschaft lebt. Auch die Handwerker haben eine Landwirtschaft. Die handwerklichen Wandergesellen sind fast die einzigen, die regelmäßig aus der Enge des heimatlichen Dorfes herauskommen. Es ist bis zum 1. Weltkrieg üblich, dass die jungen Gesellen erst einmal auf die Wanderschaft gehen. Sie klopfen bei den Meistern ihres Handwerks in den Städten und Dörfern an und fragen nach Arbeit. Auch wenn der Meister für sie keine Arbeit hat, ist er verpflichtet, sie über Nacht zu beherbergen, zu verpflegen und ihnen für die weitere Wanderung ein Zehrgeld mitzugeben. Der Wandergeselle muss drei Jahre und einen Tag auf Wanderschaft zubringen und darf in dieser Zeit seinem Heimatort nicht näher als 50 km kommen. Das ist eine uralte Tradition, die schon im ausgehenden Mittelalter von den Zünften eingeführt wurde. Erstaunlicherweise ist in der Mitte des vorigen Jahrhunderts der Weber unter den Handwerkern häufig vertreten. Ob die vielen Weber nun selbstständige Handwerker sind oder zu einer Manufaktur gehören, lässt sich nicht mehr feststellen. Hier werden die Berufe und Tätigkeiten aufgezählt, die man vor 150 Jahren in Höfingen antrifft:
Akziser1
Bäcker
Bauer
Bedienter
Feldschütz
Gastwirt
Gemeindepfleger
Heiligenpfleger
Korbmacher
Krämer
Kübler
Küfer
Maurer Mesner
Metzger
Müller
Nachtwächter
Ökonom2
Orgeltreter
Pfarrer
Schäfer
Sägmüller
Schlossgutverwalter
Schmied
Schneider
Schreiner Schuhmacher
Schulmeister
Stiftungspfleger
Strumpfstricker
Taglöhner
Totengräber
Tuchmacher
Wagner
Waldschütz
Weber
Weingärtner
Ziegler
Zimmermann
Mit dem Bau der Eisenbahn 1869 gibt es für Höfingen wesentliche Veränderungen. Die Höfinger Steinbrüche liefern den Schotter für die Gleise der Bahn. Beim Verladen des Schotters und beim Bahnbau finden viele Höfinger Arbeit, wenn auch das Gros der Arbeiter aus Italien und Polen kommt.
Mit der Erfindung der Dampfmaschine beginnt die Industrialisierung. Schon um 1900 gibt es in Höfingen die Dampfziegelei an der Ditzinger/Ecke Schillerstraße. Die Namen Tonweg und Lehmgrubenweg erinnern noch heute daran, dass dort die Lehmgrube der Ziegelei war. Der dazugehörende große Schornstein wird erst 1920 umgelegt.
Mit der vor dem 1. Weltkrieg beginnenden Elektrifizierung entwickeln sich Gewerbebetriebe. Da Höfingen im Einzugsbereich von Bosch und Daimler-Benz liegt, gibt es bald Zulieferfirmen für diese großen Metallverarbeiter, so z. B. eine Schraubenfabrik, einen Betrieb für Feinmechanik und einen für Metallveredelung. Aber auch eine Strickwarenfabrik wird nach Höfingen verlegt und gibt hier fast 20 Jahre lang Arbeit, nicht zu vergessen die Firmen Sümak (jetzt Elektrolux) und Meissner u. Wurst, die sich erst nach dem 2. Weltkrieg hier niederlassen. Für die Höfinger hat es mit der Eisenbahn die Möglichkeit gegeben, in großen Betrieben Arbeit zu finden: Bosch und Daimler sind schon erwähnt, außerdem noch Salamander in Kornwestheim.
Erstveröffentlichung: Höfinger Heimatbuch, hrsg. vom Höfinger Heimatverein e. V., Höfingen 1986
Mit freundlicher Genehmigung der Autoren und des Höfinger Heimatvereins e. V.