In den Jahren 1936/37 entstehen Panzerkasernen und Fliegerhorst
Böblingen wird wieder Garnisonsstadt
Autor: Erwin Funk
Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges kam auch das Ende der Garnisonsstadt Böblingen, zu der wir im Jahre 1915 nach der Anlegung eines Militärflugplatzes geworden waren. Die starke Wiederaufrüstung nach Beginn des Dritten Reiches führte zum Bau zahlreicher neuer Kasernen, von denen zwei in Böblingen entstanden. Im Jahre 1936 wurde mit den Panzerkasernen östlich der Stadt, im Frühjahr 1937 mit den Fliegerhorstkasernen [heute Wildermuthkaserne] neben dem Flugplatz begonnen.
Der Stimmung der Zeit entsprechend wurde diese Entwicklung und die Konsequenzen daraus für die Stadt von deren Verwaltung wie von deren Bevölkerung begrüßt und unterstützt; so opferte die Stadt 600 ha und damit fast die Hälfte ihres schönen Waldes zur Anlage der Panzerkasernen. (Bürgermeister Brumme hatte nach dem Krieg einen ebenso langen wie leider erfolglosen Versuch unternommen, in Gesprächen mit dem Bund diesen Handel“ rückgängig zu machen; lächerliche 9 Pfennig pro qm hatte das Reich damals für den Grund und Boden bezahlt! 40 ha mußten für die Kasernenanlagen unentgeltlich abgegeben werden.)
Die Erwartungen der Stadt hatten sich zunächst auch erfüllt: Böblingen hatte einen enormen Zugewinn erfahren an Bedeutung, an Bevölkerung (zeitweilige Verdoppelung!), an Wirtschaftskraft. Der Aufschwung war unübersehbar!
Die Anlagen der Panzerkasernen, die den Namen Hindenburg- und Ludendorff-Kasernen“ erhielten, wurden buchstäblich aus dem Boden gestampft. Der erste Spatenstich wurde am 28. August 1936 gemacht; im April 1938 zog bereits das Panzerregiment 8 ein, ein Ereignis, dem ausdrücklich ein historischer Rang zugesprochen und das mit großem propagandistischem Aufwand begangen wurde; nicht nur die Schulen und öffentlichen Stellen hatten geschlossen, auch Firmen wie Daimler-Benz gaben ihren Mitarbeitern frei, damit sie das Schauspiel miterleben konnten, bei dem eine große Menschenmenge Spalier stand.
Das Panzerregiment 8 war 1936 in Zossen bei Berlin aufgestellt worden und später bei Kämpfen an allen Fronten des Krieges eingesetzt. Als erstes wurde es bereits im April 1939 in die Nähe von Prag beordert; von dort kehrte es im August desselben Jahres nach Böblingen zurück und wurde sofort wieder nach Osten in Marsch gesetzt; von 1939 bis 1940 war es im Operationsgebiet der Westfront eingesetzt und nahm ab 1941 am Afrikafeldzug teil; nach der dortigen Kapitulation der restlichen Truppen wurde die verbliebene Panzerausbildungs- und -ersatzabteilung nach Osten abkommandiert.
Böblingen ist wieder Garnison – Titelblatt einer Sonderbeilage des Böblinger Boten im April 1938. Dem Panzerregiment, das im April 1938 einzog, folgte ein Jahr später das erste Jagdgeschwader der Fliegerhorstkompanie. (Aus: E. Funk: Böblingen im 3. Reich, Bd. II, S. 113)
In die neuen Fliegerhorstkasernen zog bereits im April 1939 die erste Jagdgruppe ein (Baubeginn 1937); auch dies ein Ereignis, das mit großer öffentlicher Anteilnahme begangen wurde. Für die Verlegung des Zivilflughafens wurde zuvor in Echterdingen eine neue Anlage gebaut; von Herbst 1938 bis September 1939 bestand in Böblingen noch ein Nebeneinander von militärischem Fliegerhorst und Zivilflughafen. Die Fliegerhorstkompanie war zeitweise bis zu 400 Mann stark und bestand zumeist aus älteren Jahrgängen; die fliegenden Verbände wechselten die Flugplätze häufig; für sie wurde eine umfassende Bodenorganisation aufgebaut.
Neben und nach den Auswirkungen, die von der beginnenden Industrialisierung unseres Raumes (Wachstum von Daimler-Benz, Klemm, Lufthansa in den zwanziger und dreißiger Jahren) ausgingen, waren es vor allem die Folgen aus dem Einzug der beiden Garnisonen, die Böblingen wirtschaftlich, aber auch soziologisch in bezug auf Größe und Zusammensetzung der Bevölkerung ganz erheblich verändert haben.
Vom Landesflughafen zum FliegerhorstIn die neuen Fliegerhorstkasernen zog bereits im April 1939 die erste Jagdgruppe ein (Baubeginn 1937); auch dies ein Ereignis, das mit großer öffentlicher Anteilnahme begangen wurde. Für die Verlegung des Zivilflughafens wurde zuvor in Echterdingen eine neue Anlage gebaut; von Herbst 1938 bis September 1939 bestand in Böblingen noch ein Nebeneinander von militärischem Fliegerhorst und Zivilflughafen. Die Fliegerhorstkompanie war zeitweise bis zu 400 Mann stark und bestand zumeist aus älteren Jahrgängen; die fliegenden Verbände wechselten die Flugplätze häufig; für sie wurde eine umfassende Bodenorganisation aufgebaut.Neben und nach den Auswirkungen, die von der beginnenden Industrialisierung unseres Raumes (Wachstum von Daimler-Benz, Klemm, Lufthansa in den zwanziger und dreißiger Jahren) ausgingen, waren es vor allem die Folgen aus dem Einzug der beiden Garnisonen, die Böblingen wirtschaftlich, aber auch soziologisch in bezug auf Größe und Zusammensetzung der Bevölkerung ganz erheblich verändert haben.
Quelle: Erwin Funk: Böblingen im Dritten Reich, Band II. Erinnerungen und Erfahrungen in Berichten und Dokumenten, Böblingen 1987, S. 112.Der Autor, Erwin Funk (1907-1999), war einer der Ersten, die sich nach dem 2. Weltkrieg der Böblinger Stadtgeschichte zuwandten. Neben seiner Tätigkeit als Standesbeamter begann er Anfang der 1960er Jahre als Stadtarchivar zu wirken. Umfangreiche Veröffentlichungen zur Fliegerstadt und Garnison und zur Geschichte Böblingens im 3. Reich.Böblinger Kasernen nach 1945Als Anfang Juli 1945 die amerikanische Armee die Franzosen als Besatzungsmacht in Böblingen ablöste richtete sie sich in den Fliegerhorst- und den Panzerkasernen ein. Auf dem ehemaligen Flughafengelände (EFG) entstand ein großes Reparaturwerk für Fahrzeuge der US-Army, ein Lager für heimatlos gewordenen Ausländer (DP displaced persons), sowie ein Internierungslager für deutsche Kriegsgefangene (PW prisoners of war). In die Gebäude der ehemaligen Fliegerhorstkaserne zog 1956 die Bundeswehr ein (Wildermuthkaserne). Bis zur Wiedervereinigung war Böblingen kurzzeitig auch Sitz einer deutsch-französischen Brigade. Im Rahmen der städtebaulichen Neustrukturierung des EFG wurde im September 2004 das zuletzt als Asylbewerberunterkunft genutzte ehemalige Soldatenwohnheim des Fliegerhorstes abgerissen.Die Gebäude der Panzerkaserne im Böblinger Wald werden seit 1945 ununterbrochen von der US-Armee genutzt.Literatur:
Erwin Funk: Böblingen, Garnison und Fliegerstadt, Böblingen 1974.
Wolf-Dieter Dorn: Böblingen als Flieger- und Garnisonsstadt seit 1915, in: Böblingen Vom Mammutzahn zum Mikrochip. Im Auftrag der Stadt Böblingen herausgegeben von Sönke Lorenz und Günter Scholz, Böblingen 2003, S. 374 385.
Böblingen gedenkt seiner Fliegertradition – 100 Jahre Dr. Hanns Klemm (1885-1961), 70 Jahre Militärflugplatz (1915-1918), 60 Jahre Landesflughafen (1925-1938). Ausstellung und Katalog: Erich Kläger und Dr. Günter Scholz, Böblingen 1985, S. 90-92.
Quelle: Erwin Funk: Böblingen im Dritten Reich, Band II. Erinnerungen und Erfahrungen in Berichten und Dokumenten, Böblingen 1987, S. 112.
Der Autor, Erwin Funk (1907-1999), war einer der Ersten, die sich nach dem 2. Weltkrieg der Böblinger Stadtgeschichte zuwandten. Neben seiner Tätigkeit als Standesbeamter begann er Anfang der 1960er Jahre als Stadtarchivar zu wirken. Umfangreiche Veröffentlichungen zur Fliegerstadt und Garnison und zur Geschichte Böblingens im 3. Reich.
Als Anfang Juli 1945 die amerikanische Armee die Franzosen als Besatzungsmacht in Böblingen ablöste richtete sie sich in den Fliegerhorst- und den Panzerkasernen ein. Auf dem ehemaligen Flughafengelände (EFG) entstand ein großes Reparaturwerk für Fahrzeuge der US-Army, ein Lager für heimatlos gewordenen Ausländer (DP displaced persons), sowie ein Internierungslager für deutsche Kriegsgefangene (PW prisoners of war). In die Gebäude der ehemaligen Fliegerhorstkaserne zog 1956 die Bundeswehr ein (Wildermuthkaserne). Bis zur Wiedervereinigung war Böblingen kurzzeitig auch Sitz einer deutsch-französischen Brigade. Im Rahmen der städtebaulichen Neustrukturierung des EFG wurde im September 2004 das zuletzt als Asylbewerberunterkunft genutzte ehemalige Soldatenwohnheim des Fliegerhorstes abgerissen.
Die Gebäude der Panzerkaserne im Böblinger Wald werden seit 1945 ununterbrochen von der US-Armee genutzt.
Literatur:
Erwin Funk: Böblingen, Garnison und Fliegerstadt, Böblingen 1974.
Wolf-Dieter Dorn: Böblingen als Flieger- und Garnisonsstadt seit 1915, in: Böblingen Vom Mammutzahn zum Mikrochip. Im Auftrag der Stadt Böblingen herausgegeben von Sönke Lorenz und Günter Scholz, Böblingen 2003, S. 374 385.
Böblingen gedenkt seiner Fliegertradition – 100 Jahre Dr. Hanns Klemm (1885-1961), 70 Jahre Militärflugplatz (1915-1918), 60 Jahre Landesflughafen (1925-1938). Ausstellung und Katalog: Erich Kläger und Dr. Günter Scholz, Böblingen 1985, S. 90-92.