Meist stehen historische Grenzsteine unbeachtet und vergessen am Wegesrand oder in einsamem Waldgelände. Dabei geben diese Kleindenkmale oft aufschlussreiche Hinweise auf die Orts- oder Regionalgeschichte: Veränderungen der politischen Markungen und politischer Zustände; Hinweise auf Besitzerwechsel, auf Zehntgrenzen, auf Weide- und Jagdgrenzen geben ein Bild von politischen und gesellschaftlichen Strukturen, die unsere Vergangenheit geprägt haben. Deshalb sind diese Kleindenkmale auch durch das Denkmalschutzgesetz geschützt.
Ein interessanter Beleg dafür ist mit zwei Steinen zu entdecken, die noch im Merklinger „Großen Wald“ stehen – der eine davon im „Tiefental“. Der Wanderer ist verblüfft, wenn er in diesem Wald – übrigens ganz in der Nähe des Punktes, an dem Merklingen, Malmsheim und Heimsheim zusammenstoßen – auf einen gut erhaltenen, großen Grenzstein stößt. Denn mitten in diesem Merklinger Gemeindewald, also mitten auf württembergischem Gebiet, findet er auf diesem Stein ein fremdes Wappen. Und zwar das der Freiherrn von Gemmingen. Die Frage, was dieses Wappen an diesem Punkt zu suchen hat, ist nicht leicht zu beantworten. Altes Kartenmaterial und Dokumente des Staatsarchivs Stuttgart helfen aber bei der Entschlüsselung.
Jagdsteine erinnern an uralte Jagdrechte
Diese Steine sind nämlich sogenannte Jagdsteine, die an die ehemaligen hoch komplizierten Jagdrechte in diesem Gebiet erinnern. Sie stehen im Grenzgebiet von Württemberg und dem Territorium der Freiherren von Gemmingen, das zur Markgrafschaft Baden gehörte. Hier überschnitten sich seit dem Mittelalter die Jagdrechte der Württemberger mit denen der Freiherren, denen das benachbarte Gebiet um Mühlhausen und Tiefenbronn gehörte. Die alte Reichsritterfamilie hatte sich in Heimsheim und dem Gebiet nordwestlich davon ein stabiles Herrschaftsgebiet aufgebaut. Nach dem Namen dieses Gebiets, dem sogenannten „Hagenschieß“, wurde diese Linie Gemmingen-Hagenschieß genannt – später Gemmingen-Steinegg. Im Volksmund wurde dieses Gebiet das „Biet“genannt.
So durchschnitt den Merklinger Wald also eine Gemminger Jagdgrenze, die von den Freiherren natürlich „versteint“ worden war, um sie juristisch zu dokumentieren. Sie verlief ganz unabhängig von der politischen Grenze zwischen den beiden Herrschaften. Im Blatt der Landesvermessung von 1831 ist diese Jagdgrenze noch eingezeichnet. Kurios war der Verlauf der Jagdgrenze quer durch die Ortschaft Hausen, genau parallel zur alten Sandsteinbrücke über die Würm. Die Urkarte von 1831 zeigt, dass ein Jagdstein direkt im Wasser, ein anderer an der Westseite der Brücke stand. Aber bereits im Forstkartenwerk des Georg Gadner (ca. 1590) waren die Jagdrechte als „Gemmingisches Jagen“ eingetragen.