Grenzsteine erzählen Geschichte(n)
Die Mühlenmarkung „Rauenau“
Autor: Klaus Philippscheck
Dass früher die Mühlen eigene Markungen besessen haben und fast „freie Territorien“ waren, lässt sich auch am Beispiel der beiden heute zu Weil im Schönbuch gehörenden „Rauhmühlen“ am Zusammenfluss von Aich und Sulzbach noch gut erkennen.
Die Obere Rauhmühle wurde 1383 erstmals als „Ruhen Müllin“ erwähnt, 1470 als „Ruchen Owe“. Daraus entstand die Bezeichnung „Rauhenau“. 1728 bat der damalige Müller den Herzog, eine weitere Mühle bauen zu dürfen. Aus der „Neuen Rauhmühle“ wurde später die Untere Rauhmühle.
Diese zwei einsam gelegenen Mühlen gehörten einst dem 10 Kilometer entfernten Kloster Bebenhausen und wurden vom Bebenhausener Verwaltungszentrum Weil im Schönbuch aus betreut. Die Müller wurden deshalb auch als die Bebenhauser Raumüller bezeichnet.
Aus dieser Zeit steht sogar noch ein Grenzstein mit dem Bebenhausener Abtstab. Als das Klosteramt Bebenhausen dann 1806 aufgelöst wurde, musste die Mühlenmarkung, die sehr poetisch „Rauenau“ genannt wurde, auch einer politischen Struktur zugewiesen werden – und das war Weil im Schönbuch; kirchlich allerdings waren diese beiden Mühlen Steinenbronn zugeordnet. So liegen diese beiden ehemaligen Mühlen noch heute als politische Exklave zwischen Schönaich, Steinenbronn und Waldenbuch, von Weil durch den Laubach-Wald getrennt. Als dieser Mühlenmarkung 1822 noch ein Stück Schönbuchwald zugeschlagen wurde, um sie für den Verlust uralter Waldnutzungsrechte zu entschädigen, versteinte man diese veränderte Markung neu. Diese eigenen Mühlengrenzsteine erzählen von der früheren großen Selbstständigkeit des Mühlenterritoriums. Am Südrand der „Rauenau-Markung“ gegen Waldenbuch steht ein solcher schöner Stein an der damals erweiterten Grenze des Mühlenareals.
Ein „Rauenau-Stein“ von 1822 mit seinem „RA“-Zeichen (Foto: K. Philippscheck)
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors
Der Autor, Klaus Phlippscheck, war Lehrer in Sindelfingen und gehört zu den Mitbegründern des Zeitreise-BB-Projektes. Seine Interessensschwerpunkte sind die Sindelfinger Stadtgeschichte, insbesondere die Webereigeschichte, sowie die Wiederentdeckung vergessener Sindelfinger Persönlichkeiten. Daneben arbeitete er auch zur Geschichte der Mühlen und der Grenzsteine im Landkreis BB.
Literaturhinweise:
Ingrid Gamer-Wallert/ Sönke Lorenz (Hrsg.): Der Schönbuch. Mensch und Wald in Geschichte und Gegenwart. Tübingen 1999.
Walter Hahn: Heimatbuch Weil im Schönbuch – Breitenstein – Neuweiler, hrsg. Von der Gemeinde Weil im Schönbuch, 1988.