Heinrich Schickardt (1558-1635) hat in unserer Region vielfältige Spuren hinterlassen. Während das Schloss im nahe gelegenen Mauren in der Bombennacht vom 7. auf den 8. Oktober 1943 bis auf die Erdgeschoßmauern abbrannte, hatte das Hildrizhausener Pfarrhaus mehr Glück. Obwohl damals im Ort 49 Wohngebäude und 53 Scheunen zerstört wurden, steht es immer noch an seinem alten Platz schräg gegenüber der Nikomedeskirche in der Hölderlinstraße 12. Allerdings wurde es im Laufe seiner über 400jährigen Geschichte mehrfach verändert. Die unsymmetrische, ein wenig eigenwillige Form des sog. „Frackdaches“ mit seinen verschieden langen und unterschiedlich geneigten Dachflächen geht so jedenfalls nicht auf Schickhardt zurück. Sie ist das Ergebnis späterer Umbauten, bei dem das zweite Obergeschoß offenbar nur auf der linken Traufseite zum Vollgeschoß ausgebaut wurde.
1608 übernimmt Schickardt die Bauleitung
Heinrich Schickhardt gilt heute als der wichtigste Baumeister der Renaissance in Südwestdeutschland. Nachdem im April 1608 der fürstliche Oberbaumeister Niklas Vischlin gestorben war, wurde Schickhardt vom württembergischen Herzog Johann Friedrich zum Nachfolger als Landbaumeister ernannt und aus der Grafschaft Mömpelgard, dem heutigen Montbéliard, zurück nach Stuttgart beordert.
So verwundert es nicht, dass in den historischen Aufzeichnungen über das Hildrizhausener Pfarrhaus zu Beginn der Bauarbeiten Niklaus Vischlin genannt wird. Dieser hatte auch einen ersten Baukostenüberschlag erstellt und vermutlich das massive Erdgeschoss errichtet. Nach dessen Tod übernahm Schickardt die Überwachung der weiteren Bautätigkeiten. Unter seiner Planung entstand dann der mehrstöckige Fachwerkaufbau – eine der vielen „Routineaufgaben“, mit denen sich der frisch gekürte Landbaumeister von nun an zu beschäftigen hatte.
Im Landesarchiv Baden-Württemberg werden heute noch zwei Schreiben des geistlichen Verwalters von Herrenberg, Johann Christian Lutz, aus dem Jahre 1610 aufbewahrt. Darin geht es um die Abrechnung des neuerbauten Pfarrhauses und um einen Vergleich der Kostenveranschlagung von Vischlin und Schickardt. Leider ist die Baugeschichte des Pfarrhauses in Hildrizhausen über schriftliche Quellen nicht mehr weiter dokumentiert. Sicherlich ist hier der Grund zu suchen, weshalb der Bau in der Literatur über Heinrich Schickhardt bisher kaum größere Beachtung fand.
Einer der ersten Bewohner des Hildrizhausener Pfarrhauses war zwischen 1613 und 1622 Pfarrer Bartholomäus Eyselin, der sich auch als Verfasser einer Chronik von Hildrizhausen und Herrenberg einen Namen gemacht hat.