Der Drölle
Eine Sage aus Münklingen
Wer der „Drölle“ gewesen, kann man heute noch in Münklingen erfragen, sein Name im Taufbuch habe aber anders gelautet, Drölle habe er nur mit dem Spitznamen geheißen, wird man erzählen. Er sei vor weit über hundert Jahren ein Schwärzer gewesen, der über den Hagenschießwald ins Badische hinübergeschmuggelt habe. Und hexen habe er auch können; als er gestorben sei, habe er vom Giebelfenster seines Hauses aus seinem eigenen Leichenzug lustig zugeschaut.
Einmal sei der Drölle mit seinem Schultheißen nach Eltingen gekommen, wo die Ortsvorsteher aus der Nachbarschaft im „Hirschen“ eine Zusammenkunft hatten. Die Schultheißen, die sich selten genug trafen, redeten über dies und das. Dabei zog der Eltinger Schultes seinen Merklinger Amtsbruder auf, weil sich tags zuvor in Merklingen ein armer Bauer in seiner Scheune erhängt hatte. Der Merklinger Schultheiß, der das nicht so lustig fand, wusste nicht entsprechend zu parieren. Da forderten etliche Schulzen aus dem ganzen Strohgäu allen Ernstes den Drölle auf, er solle doch dem Merklinger zu Hilfe kommen; denn der Drölle war wegen seines schlagfertigen Maulwerks weitum bekannt. Und so sprach der zu dem Schultes von Eltingen:“Herr Schultheiß, Herr Schultheiß,“ und jetzt fiel seine Rede doch ins Schwäbische, „dr liabe Gott hot halt grad e Menschesel ‚braucht, und weil er e Seele braucht hot, drom ischt er uf Merklenge komme. Hett er en Esel braucht, noh hett er en z’Eltenge gholet!“
Denn seit langem schon heißen die Eltinger Esel.
Erstveröffentlichung: Sagen um Leonberg, gesammelt von der Klasse 6b des Kepler-Gymnasiums Leonberg, 1984
Wir danken Frau Trude Kühner für die Überlassung der Schulbroschüre.