Sagen und Geschichten aus dem Landkreis Böblingen
Der Schatz auf der Maisenburg
Eine Sage aus Renningen
Unfern Renningen, wo die Straße gen Eltingen über den Längenbühl zieht, liegt der Maisenberg. Dort stand früher ein Schloß, die Maisenburg genannt. Sie gehörte etlichen Raubrittern, denen die Bauern der umliegenden Dörfer fronen mußten. Dafür bekamen sie dann und wann kargen Lohn. Den gewann ihnen aber einer der Burgherren wieder ab, indem er sie beim Spiel betrog. Sie mußten sich in seinem Saal an einen Tisch setzen; hinter ihrem Rücken hing aber ein metallener Spiegel an der Wand. Der Ritter saß ihnen gegenüber und konnte durch den Spiegel seinen Mitspielen in die Karten sehen. So wußte er, was sie hatten, und er gewann jedes Spiel. Das gewonnene Geld verwahrte er in einer schweren Truhe im Burgkeller.
Später wurde die Burg zerstört, aber der Schatz lag noch im Gewölbe. Er sollte gehoben werden können, wenn beherzte Burschen in der Andreasnacht ihn bargen. Es mußte aber eine unbescholtene Jungfrau dabei sein, und es durfte kein Wort gesprochen werden.
Einmal versuchten dies etliche Burschen aus Renningen. Da mußte das Jüngferlein niesen. Einer der Burschen sagte darauf: „Warum schweigst net?“ Da wich der Schutzgeist, der bei ihnen gewesen war, und sie mußten unverrichteter Dinge wieder heimziehen.
Übers Jahr kamen sie wieder. Einer der jungen Männer ließ sich an einem Seil zum Rüstloch hinab. Sie hatten aber daheim ausgemacht, wann er einen Zocker am Seil tun würde, so sollten sie ihn rasch hinaufziehen. So geschah es. Als er wieder oben war, sah er kreidenweiß, war außer Atem und konnte kein Wort hervorbringen.
Später erzählte er, drunten im Gewölb sei ein Saal; drin habe ein Tisch gestanden, Schüsseln, Krüge und Becher drauf und Sitze drum gestellt. Auf diesen seinen Totengestalten gesessen wie zu einem Mahl oder Gelage. Es habe ein Modergeruch geherrscht, woran er schier erstickt sei. Der Bursche wurde krank und starb wenige Tage hernach.
Der Schatz auf der Maisenburg harrt noch heute dessen, der ihn heben wird.
Die Maisenburg war eine hochmittelalterliche Burg nordöstlich von Renningen, von der nur noch wenige Reste unweit des Abenteuerspielplatzes Schinderklinge erhalten sind. Um sie herum entwickelten sich mehrere Sagen. Emil Höschele schreibt in seiner „Chronik von Renningen“, alte Renninger hätten erzählt, dass sie sich früher in ihrer Jugend niemals alleine in das abgelegen Gebiet getraut hätten.
Unter dem Titel „Der Häseltrog – Sagen und Geschichten aus Schönbuch und Gäu“, gab der Heimatgeschichtsverein für Schönbuch und Gäu e.V. im Jahre 1950 seine erste Publikation heraus. Gesammelt und bearbeitet wurden die Sagen von Eberhard Benz, die Illustrationen stammen von der Grafikerin Waltraut Jasper. 1993 brachte der Verlag des Böblinger Boten eine Faksimile-Ausgabe heraus, die ebenfalls vergriffen ist.
Erstveröffentlichung: Aus Schönbuch und Gäu. Beilage der Böblinger Post, Nr. 5/1949, S.20.
Mit freundlicher Genehmigung des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V.