Zur Schulgeschichte von Sindlingen
Herzogin Franziska stiftete die Schulbücher
Autor: Felix Burkhardt
Im Filial Sindlingen finden wir 1783 den Filialschulmeister Philipp Ludwig Ripp von Calw angestellt. Der Dekan hatte zu der Anstellung seine Einwilligung gegeben. Der Schulmeister empfing Lohn und Kost von den dortigen Einwohnern; die Kinder unterrichtete er mit gutem Nutzen. Der Edelmann des Ortes hatte ihm in einem seiner Häuser eine freie Wohnung eingeräumt; hier hielt er auch Schule. Der Filialschulmeister war „ein gutwilliger, armer Mann, der sich nach seinen wenigen Leuten um sein bisgen Brot richten muß“ 1785 hielt er die Schule wechselweise in den Häusern der Eltern seiner Schüler. 1787 unterrichtete der Filialschulmeister J. Fr. Riethmüller von Gültstein im Schloß und erhielt von jedem Kind einen Gulden und die Kost. Filialschulmeister Ripp legte sein Amt nieder, weil das Schulgeld von 9 Kindern nicht ausreichte, ihn mit Weib und 5 Kindern zu ernähren. Durch Abschreiben versuchte er kümmerlich, sein Brot zu gewinnen. Er empfing auch Wohltaten von der Herzogin Franziska. Christian Fickler von Altenburg in Sachsen, geboren 18. 4. 1747, war 1804 Winterschulmeister in Sindlingen. 1805 hatte er 11 Schüler, meist Kinder der dortigen Maier und Bedienten. Jeder Schüler reichte ihm einen Gulden Schulgeld, dazu genoß er freie Kost in vier wackeren Maierhäusern, verdiente nebenher noch in herrschaftlichen Geschäften 44 Gulden. Bei 7 eigenen Kindern, die er zu versorgen hatte, fand er kaum sein Auskommen. Die Herzogin förderte die Schule durch Anschaffung von Büchern, besuchte auch die Schule, um diese Anstalt zu ehren und zu beleben (1805). 1815 unterrichtete der Weber Christoph Sigmund Zipperer 6 Knaben und 2 Mädchen so gut er konnte. Von 1816 an war Filialschulmeister in Sindlingen Kapp von Gültstein, ein emsiger, tauglicher Schullehrer.
Um die Fortbildung der Lehrer mühte sich der Pfarrer Hainlen von Oberjettingen, der 1865 einen naturkundlichen Lehrkurs hielt.
Franziska von Hohenheim besucht die Hohe Karlsschule. Gemälde um 1780 von J. F. Weckherlin (1761-1814). Die Gemahlin Herzog Carl Eugens befürwortete eine fortschrittlichere Bildungspolitik. Auch in Sindlingen kümmerte sie sich um die Schulbildung. (Bild: Landesmuseum Württemberg, Stuttgart / P. Frankenstein; H. Zwietasch [CC BY-SA])
Erstveröffentlichung: Beiträge zur Schulgeschichte des Kreises Böblingen von der Reformation bis um 1800, Böblingen 1971. Veröffentlichungen des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V., Band 11, S.155-156.
Mit freundlicher Genehmigung des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V.
Die hier beschriebene Zeit von der Reformation bis um 1800 kannte noch keine so gründliche und planmäßige Lehrerausbildung. Wohl war Württemberg mit der Großen Kirchen- und Schulordnung Herzog Christophs im deutschen Volksschulwesen vorangegangen. Bis in unser Jahrhundert herein blieb aber die Schule ein Kind der Kirche. Das Kirchenvermögen hatte zum Bau und Unterhaltung der Schulgebäude wie zu der meist bescheidenen Besoldung der Schulmeister beizutragen, die der Aufsicht des Pfarrers unterstanden. Weil sie aus den eingezogenen Kirchenpfründen bezahlt wurden, mussten die Schulmeister auch durch Jahrhunderte den Mesnerdienst versehen; sie mussten die Kirchenglocken läuten, die Kirchturmuhr aufziehen, bei Kindstaufen, Hochzeiten und Beerdigungen aktiv mitwirken. Zunächst ging es im Unterricht – der wohl bis lange nach dem 30jährigen Krieg nur im Winter stattfand – um Lesen, Sprüchelernen und Singen, vor allem zur Kenntnis der Bibel und Mitwirkung im Gottesdienst. Schon das Schreibenlernen der Mädchen erregte weithin Widerspruch der Eltern, weil sie es für unnötig ansahen. Regelrechte Protestaktionen gab es später bei der Einführung des Rechnens. Durch Jahrhunderte wurde das Schulhalten als Nebenberuf durch Handwerker betrieben; kein Wunder, dass mehr Handwerkerdrill als Denkschulung angestrebt wurde. Begabte Schüler kamen unter Mitwirkung des Pfarrers als Lehrling, „Incipient“ zu einem Schulmeister, später konnten sie dann als Geselle, „Provisor“ genannt, an einer größeren Schule tätig seih, bis sie zum Schulmeister gewählt und vom Konsistorium nach einer Prüfung bestätigt wurden. …