Der Landkreis Böblingen- was war davor?
von Debora Fabriz
Die Geschichte der Vorläufer der Landkreise geht im Württembergischen zurück ins späte Mittelalter. Bereits im 13. / 14. Jahrhundert findet sich die Gliederung der damaligen Grafschaft Württemberg in Ämtern. Diesen standen Amtmänner vor, die Vögte, die zunehmend aus der bürgerlichen Ehrbarkeit stammten und zur Ausführung ihres Amts ernannt wurden. Die Amtmänner und das Amt vertraten zwar herrschaftliche Interessen, allerdings kam ihnen gleichzeitig die Aufgabe zu, die Amtsstadt und ihren Amtsbezirk selbst zu verwalten. Das heißt, sie sprachen Gericht, bestimmten die Instandsetzung von Straßen oder auch das Feuerlöschwesen.
Die Gemeinden im Amtsbezirk entsandten Vertreter in die sogenannte Amtsversammlung. Um 1425 wurde der „Landschaden“ als Umlage von Landessteuern eingeführt. Die Amtsbezirke erhoben gleichfalls einen „Amtsschaden“ als Umlage zur Umsetzung ihrer Aufgaben. Grob vereinfacht kann man den „Amtsschaden“ mit der heutigen Kreisumlage vergleichen.
Auf dem Gebiet des heutigen Landkreises Böblingens liegen die ehemaligen vier Amtsstädte Böblingen, Herrenberg, Sindelfingen und Leonberg mit ihren dazugehörigen Amtsbezirken. Leonberg war neben Stuttgart 1457 Austragungsort des Ersten württembergischen Landtags. Es war das erste Stattfinden eines württembergischen Landtags im Mai/Juni 1457 in Stuttgart und im November 1457 in Leonberg. Auf die Landtage entsandten die Amtsstädte und ihre Amtsbezirke Gesandte, die dort ihre Interessen vertreten sollten. Diese Vertreter der Städte und Ämter auf den Landtagen, die in unregelmäßigen Abständen bis zur Erhebung Württembergs zum Königreich tagten, waren dauernd und ausschließlich Mitglieder der führenden bürgerlichen Schicht, der sogenannten Ehrbarkeit. Die in der Appellation des Grafen 1457 einberufene „Landschaft“ stand ihm, der Herrschaft, gegenüber.
Mit dem Ergebnis des im November 1457 in der Amtsstadt Leonberg abgehaltenen Landtags konnte die „Landschaft“ Einfluss auf die Politik in der Grafschaft Württemberg nehmen, die 1495 zum Herzogtum erhoben wurde.
1759 wurden im Rahmen der neuen Bezirksorganisation die Ämter zu Oberämtern aufgewertet. Infolge der napoleonischen Neuordnung der herrschaftlichen Verhältnisse und Gebiete Europas, der Gebietszugewinne und der Erhebung Württembergs zum Königreich erhielten die Amtsbezirke einen veränderten Gebietszusammenhang. Zum Gebiet, das von den drei Vorgängerbehörden des heutigen Landkreises Böblingen verwaltet wurde, kamen unter anderem die zuvor reichsunmittelbare Stadt Weil der Stadt, die frühere Ordenskommende der Johanniter Dätzingen, ehemals vorderösterreichisches Territorium sowie Gemeinden anderer Ober- und Klosterämter. Die Gemeinden, die ehemals zu Vorderösterreich gehörten, gingen mit der Kreisneueinteilung 1938 an den Kreis Tübingen. Mit der Erhebung Württembergs zum Königreich 1806 verloren die Oberämter die Finanzgeschäfte an die Kameralämter.
Die 1906 erlassene Bezirksordnung gewährte mehr Mitbestimmungsrechte: Drei von sechs Mitgliedern des damals eingeführten Bezirksrats sollten Laien sein, die kein anderes Amt in einer Gemeinde bekleideten. Daneben gab es weiterhin die Amtsversammlung, der Bürgermeister und Gemeinderäte der Städte und Gemeinden als Mitglieder angehörten. In der Zeit der Weimarer Republik bewältigten die Oberämter die Fürsorge für die Kriegsversehrten, Kriegswitwen und -waisen und für die von Arbeitslosigkeit Betroffenen. Jugendämter wurden eingerichtet. Ab 1928 wurde der Oberamtmann Landrat genannt.
Einen tiefgreifenden Einschnitt erlebten die Oberämter, die ab 1934 Kreise genannt wurden, in der Zeit der NS-Diktatur von 1933 bis 1945. Den Kreisen wurde die Selbstverwaltung genommen. Zudem wurde 1938 die Karte der Kreise neu gezeichnet. Damals verlor der Kreis Herrenberg seine Eigenständigkeit; der größte Teil des Kreisgebiets wurde in den Kreis Böblingen eingegliedert. Ebenfalls 1938 wurde der Kreis Stuttgart-Amt (bis 1934 Amtsoberamt Stuttgart) aufgelöst. Aus diesem wurden dem Kreis Böblingen die Stadt Waldenbuch sowie die Gemeinden Leinfelden (mit Ober- und Unteraichen), Musberg und Steinenbronn zugeordnet. Für den Zeitraum von vier Jahren, bis 1942, kamen die Gemeinden Möhringen und Vaihingen (mit Rohr) zum Kreis. Die Gemeinde Schafhausen musste an den Kreis Leonberg abgetreten werden. Dieser hatte die Gemeinde Weissach vom Kreis Vaihingen erhalten.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden demokratische Strukturen durch die amerikanische Besatzungsmacht wiedereingeführt. Zu den größten Herausforderungen des Landkreises gehörte damals die Behebung der Wohnungsnot. Schon in den 50er Jahren war eine Kreisneueinteilung Thema, doch zu einer weiteren Planung und Umsetzung kam es zunächst noch nicht.