Der Oberlehrer und Heimatforscher ist Ehrenbürger von Schönaich
Keppler mit „pp“
Autor: Walter Jehle
Zugezogene Bürgerinnen und Bürger und jüngere Leute wissen vielleicht nicht, dass die Schönaicher Kepplerstraße wegen seiner vielen Verdienste um unseren Ort nach Ernst Keppler (1879-1936) benannt wurde. So werden wir immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass die Kepplerstraße statt mit einem p mit pp und damit falsch geschrieben sei. Dies in der Annahme, dass diese Straße nach unserem großen Landsmann Johannes Kepler, Astronom, aus Weil der Stadt benannt sei. Aber wir haben unseren eigenen Keppler – mit pp.
Ernst Keppler wurde am 7. Dezember 1879 als drittjüngstes Kind von elf Kindern des Malermeisters Martin Keppler und seiner Frau in Pfullingen geboren. Nach dem Besuch des Lehrerseminars in Nürtingen war er als Lehrer in Meßstetten, Meidelstetten, an der Heilanstalt Mariaberg und in Bitz tätig. 1912 kam Ernst Keppler als Lehrer nach Schönaich. Und hier war er bis zu seinem Tod am 26. Juli 1936 – außer in seinem Beruf – in vielfältiger Weise tätig.
Er war nicht nur Lehrer mit Leib und Seele sondern außerdem:
Um 1926 machte er zusammen mit seinen Schülern eine Grabung an dem keltischen Grabhügel im Bührleshau1 und förderte einige Fundstücke aus der Hallstattzeit zu Tage.
Er veranstaltete schon damals verschiedene Heimatabende mit Bildern von Sehenswürdigkeiten unseres Dorfes und gab dazu die entsprechenden Erklärungen.
Ernst Keppler hat sehr viele heimatbezogene, meist humorvolle, aber auch tiefsinnige und sehr treffende Mundartgedichte geschrieben und veröffentlicht. Eines davon handelt von der „Kirbe“.
Die „Kirbe“ wurde früher nach der Einbringung der Ernte gefeiert und zählte zu den beliebtesten Festen der Landbevölkerung. Gewöhnlich wurde das „Sauf-, Freß- und Buhlfest“, wie es bisweilen in alten Quellen heißt, über mehrere Tage mit Festessen und Tanz gefeiert.
Die Kirbe - Mundartgedicht von Ernst Keppler
Kirbe
Was ischt des au für a Gsprang
fascht a gschlages Wöchle lang?
Hefa hola, ’s Bacha bstella,
Kraut eistepfla, Äpfel schäla,
Zwetschga stoana, Zwiebel schneida,
Herr! des tuat oam bald vertloada,
wenn, wia beim a Krokodil
’s Tränawasser laufa will!
’s Käsle rühra, Butter plôtza,
Toag vrdalka, Öl verschmotza,
au no Milch ond Eier nei,
goldgeal muaß des Pfläder sei!
’s Wellholz gschlaucht ond d‘ Blech eigfettet
ond dia Kuacha einebettet!
Uff da Kopf da ganza Haufa,
d‘ Muater ka ’s schier et verschnaufa,
sprengt em Jäscht zom Becka nomm,
daß sie jô gwiß zeitich komm.
Woascht, dear Mã ischt grad et fei
a so Täg; ka ’s anderscht sei,
wenn ’s so durchanandergôht
ond ällbott a Kuach vergrôht,
daß dia Weiber e dr Hatz
scheltet wia a Rauhrspatz?
Bua! e sora hoaßa Woch
brennt ’s et bloß em Ofaloch!
D‘ Kenderla verganget schier,
bis mr aus dr Ofatür
ziagt dia Wagaräder raus
ond trait ’s stolzig hoam e ’s Haus.
Ofawarm an Zwiebelkuacha!
Narr, dea kascht et gnuag versuacha!
Alt ond jong haut tüchtig ei,
was ma dô a Drescher sei?
Ond au ’s Kleischt verschmiert sei Gsicht,
strahlt wia so a Fahrradliacht.
Z’mittag kochet wurd heit et,
weil jô doch koas essa tät.
A Kaffeele langet guat,
daß mr et versticka tuat.
Ond dr Vatter suacht beim Moscht
a so bsondera Täg sein Troscht,
dear ischt räs und mondet fei,
was ma dô Champagner sei?
Älles deekt ganz gwiß uff Ehr:
Wenn no älltag Kirbe wär!
O, wia gsond ischt so a Kur!
Vom a Dokter gar koa Spur!
O, wia wirkt die guat Arznei,
mô so billig ischt drbei;
denn mr braucht – o glaubet ’s mir
nôch soo Feschttag koa Klischtier!
Quelle: Walter Jehle, Schönaicher Ortsgeschichte - Begebenheiten und “Gschichtla“. Hrsg.: Gemeinde Schönaich 2003, S. 323.
Erstveröffentlichung: Schönaicher Ortsgeschichte - Begebenheiten und “Gschichtla“. Herausgeber: Gemeinde Schönaich 2003, S. 322-323.
Mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Gemeinde Schönaich
In seinem Buch Briefe an Hitler: Ein Volk schreibt seinem Führer. Unbekannte Dokumente aus Moskauer Archiven – zum ersten Mal veröffentlicht, Bergisch-Gladbach 2007, druckte Henrik Eberle (Hrsg.) auf S.129-30 auch ein Gedicht von Ernst Keppler aus Schönaich ab, das dieser am 6. März 1933 unter dem Titel „Unverzagt“ nach der Lektüre von „Mein Kampf“ in „tiefster Verehrung“ dem deutschen Reichskanzler Adolf Hitler gewidmet hat.
Hitler wurde bereits in den ersten zwei Wochen seiner Reichkanzlerschaft mit Huldigungen dieser Art geradezu überhäuft. Offenbar gehörte auch Ernst Keppler, dem ja fast zu jeder Gelegenheit ein Gedicht einfiel, zu den Vertretern des deutschen Bildungsbürgertums, die sich in den frühen Jahren vom Nationalsozialismus und der Person Adolf Hitlers blenden ließen. Wir wissen nicht, wie lange Kepplers Begeisterung für den „Führer“ angehalten hat, Keppler starb bereits im Jahre 1936. Den Krieg, die Reichskristallnacht, den Holocaust und die Proteste um das nationalsozialistische Euthanasie-Programm hat er nicht mehr miterlebt. Hätte bei dem beliebten Lehrer, der auch als Sprachpädagoge für behinderte Kinder tätig war, ein Umdenken stattgefunden ? Diese Frage lässt sich rückwirkend nicht mehr beantworten. Sie zeigt jedoch, dass die Auseinandersetzung mit der völkischen Ideengeschichte und der Geschichte des Nationalsozialismus auch fast 90 Jahre nach Beginn des Dritten Reiches immer noch nicht abgeschlossen ist.
Referenz
↑1 | Auf Schönaicher Markung befinden sich drei keltische Grabhügel, zwei im Laubach und einer im Bührleshau. Dieser wurde 1975 vom Landesdenkmalamt erneut untersucht und in seiner alten Form wieder aufgeschüttet. Der Grabhügel aus der jüngeren Hallstattzeit (um 500 v. Chr.) enthielt drei z. T. stark zerstörte Gräber. |
---|