Bedeutender Abt des Klosters Bebenhausen
Bernhard Rockenbauch aus Magstadt
Autor: Fritz Heimberger
Der relative Wohlstand, den Magstadt seit der 2.Hälfte des 15. Jahrhunderts genoß, ermöglichte es auch Bauernsöhnen, ein Studium zu absolvieren. Der aus einer weitverzweigten Familie stammende Johann Rockenbauch war 1472 Student in Freiburg. Zu seinen Verwandten zählte Matthias Rockenbauch, der 1492 in Tübingen Baccalaureus1 wurde und zwei Jahre später zum Magister Artium2 promovierte. Kaspar Rockenbauch, der 1478/79 sein Studium in Freiburg mit dem Magistergrad abgeschlossen hatte, wurde Chorherr3 in Herrenberg und Tübingen. 1489/90 übernahm er die Pfarrstelle in seinem Heimatort, den er aber schon 1502 wieder verließ, um Chorherr in Stuttgart zu werden. Auch aus der mit den Rockenbauch versippten Familie Keppler gingen mehrere Geistliche hervor. (…)
Die beiden bedeutendsten aus Magstadt stammenden Geistlichen waren der zwischen 1427 und 1452 amtierende Abt Heinrich von Herrenalb und Abt Bernhard Rockenbauch von Bebenhausen. Von Abt Heinrich weiß man nur, daß er in Magstadt geboren wurde, denn bis zum Ende des 15. Jahrhunderts führten die Herrenalber Äbte keine Familiennamen. Während seiner Regierung erlebte Herrenalb eine Blütezeit wie während des 13. Jahrhunderts. Das Kloster galt als reichsunmittelbar, und Abt Heinrich verstand es, die Rivalitäten zwischen den Grafen von Württemberg und den Markgrafen von Baden um den Einfluß auf sein reiches Kloster geschickt auszunutzen.
Bernhard Rockenbauch gilt als bedeutendster Abt des Klosters Bebenhausen im 15. Jahrhundert. Er kam aus einer Magstadter Familie, deren Aufstieg auf ihrem Vermögen und ihrem Einfluß im Dorf beruhte. Bernhard wurde wohl um 1440 geboren; über seinen Bildungsgang und seine frühe Klosterlaufbahn ist nichts bekannt. Die Umstände seiner Wahl zum Abt weisen darauf hin, daß er ein Vertreter der Klosterreform war. Im Mai und Juni 1471 weilte eine Visitationskommission in Bebenhausen, der Abt Humbert von Citeaux, dem Mutterkloster der Zisterzienser, und die Äbte von Alzey und Herrenalb angehörten. Wohl im Zuge der Erneuerung des klösterlichen Lebens trat der alte Abt Werner Glüttenhart zurück. Bei der am 6. Juni folgenden Neuwahl teilten sich die Stimmen des Konvents auf drei Bewerber auf, und Abt Humbert entschied sich für Bernhard Rockenbauch, der ihm durch vielfältige Tugend, Tüchtigkeit und Bildung“ für diese verantwortungsvolle Aufgabe am besten geeignet erschien.
Abt Bernhard wirkte bei der Reform vieler Zisterzienserklöster mit. Unter seiner Regierung setzte noch einmal eine umfassende Bautätigkeit in Bebenhausen ein, und er war auch an der Gründung der Universität Tübingen beteiligt. Das zu diesem Zweck nach Tübingen verlegte Chorherrenstift Sindelfingen erhielt seinen Sitz an der Tübinger St. Georgskirche, die dem Kloster Bebenhausen inkorporiert war. Der Neubau der Kirche (Chor 1470 – 1478, Langhaus 1478 -1490), die seitdem als Stiftskirche bezeichnet wurde, erfolgte ebenfalls unter Abt Bernhard. Eines seiner wichtigsten Ziele war die Sicherung und der Ausbau des Bebenhausener Besitzes. Da Magstadt für ihn zum Kernbestand des Klostergutes gehörte, erwarb er hier weitere Einkünfte und Rechte. Seit 1483 setzte das Kloster auch die Kapläne4 der Heiligkreuzpfründe ein, und 1488 erwarb Bernhard vom Kloster Hirsau einen Hof in Magstadt und Wiesen bei Weil der Stadt. Tatkräftig förderte er wohl auch das Studium begabter Angehöriger seiner Familie, einige von ihnen wurden schon genannt. Kaspar Rockenbauch, 1489 Leutpriester in Magstadt, war sehr wahrscheinlich ein Bruder des Abtes.
Darstellung des aus Magstadt stammenden Abts Bernhard Rockenbauch auf dem Tafelbild des sog Bernhardswunders, um 1485, in der Klosterkirche Bebenhausen. (Foto: © Schlösser und Gärten Baden -Württemberg / Armin Weischer)
Erstveröffentlichung: Fritz Heimberger, Achthundert Jahre Magstadt. Bearbeitet von Heidrun Hofacker und Fritz Oechslen, WEGRAhistorik-Verlag, Stuttgart 1997, S. 63 – 65
Der Text wurde gekürzt.
Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsinhaber und der Familie Fritz Heimberger.
Der Autor, Dr. Fritz Heimberger (1924-1999), aufgewachsen in Sindelfingen, war Historiker und langjähriger Archivar des Landkreises Böblingen sowie Kirchlicher Archivpfleger für die Dekanate Böblingen und Herrenberg. In seiner Funktion als Kreishistoriker widmete er sich v.a. der Ortsgeschichte. Neben umfangreichen monographischen Ortsgeschichten verfasste er zahlreiche Aufsätze, die in unterschiedlichsten Publikationen, v.a. aber in den Blättern des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu e.V. veröffentlicht wurden.
Referenz
↑1 | Bakkalaureus [mlat.], unterster akademischer Grad an den mittelalterlichen Universitäten |
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↑2 | Magister Artium [lat.], akademischer Grad, der die Lehrberechtigung einschloss |
↑3 | Chorherr, Kanoniker, Mitglied eines Kollegiums von Priestern (Kapitel) an einer Stifts- oder Domkirche |
↑4 | Dem Gemeindepfarrer untergeordneter und ihn unterstützender Priester |