Sagen und Geschichten aus dem Landkreis Böblingen
In der Nähe des dortigen Pfarrhauses steht der sogenannte Abtstein, an dessen Stelle nach der Sage der für vogelfrei erklärte Gegenabt von Maulbronn, Johann von Neipperg, im Jahre 1212 erschlagen wurde. Im Kirchenbuch von 1599 steht:
ANNO MILLESIMO DUCENTESIMO JOHANNES DE NEIBERG ABBAS MAUL BRONNENSIS IN VILLA WEISSACH A SUBDITIS SUIS OBTRUNCATUS EST
Die Gemeinde Weissach musste in einer Notlage Teile von Waldungen in Bonlanden und im Maisental an das Kloster Maulbronn verpfänden. Die Klausel hieß, dass das Geld an einem bestimmten Tag des Jahres 1210 um 12 Uhr mittags dem Abt persönlich zurückgegeben werden müsste, sonst verfalle der Wald. Schultheiß und Magistrat von Weissach trafen pünktlich in Maulbronn ein, wo ihnen erklärt wurde, der Abt sei gerade noch nicht da, sie möchten sich gedulden und essen und trinken. Als der Abt dann verspätet erschien, eröffnete er den Weissachern, er habe das Geld nicht um 12 Uhr erhalten, und so sei der Wald an das Kloster verfallen.
Aus Rache hätten dann die Weissacher den Abt zwei Jahre später umgebracht, als dieser ohnehin vogelfrei gewesen sei und deshalb keine Strafe drohte.
Eine andere Version lautet:
„1212 wurde in Weissach der Maulbronner Gegenabt Konrad von Neipperg von seinen Untertanen ermordet. Es wurde für ihn ein Sühnekreuz errichtet, das heute noch erhalten ist und am Sockel des Maurer Härterschen Gebäudes steht. Die Gemeinde Weissach wurde damals zur Erhaltung des Sühnekreuzes verpflichtet. Hierfür zahlte das Kloster Maulbronn über seine Pflege Wiernsheim an die Gemeinde jährlich einen Gulden. Es dürfte daraus hervorgehen, dass die Mörder entweder Maulbronner Mönche waren oder wenigstens vom Kloster angestiftet worden sind“ (aus: „100 Jahre Enzbote“, 1930).
Die Sage vom erschlagenen Abt ist auch das Thema des Weissacher Marktbrunnens. (Bild: Susanne Schmidt)
Erstveröffentlichung: Sagen um Leonberg – gesammelt von der Klasse 6b des Kepler-Gymnasiums Leonberg, 1984.
Der Text wurde gekürzt.
Wir danken Frau Trude Kühner für die Überlassung der Sagen-Broschüre.