Verloren gegangene Kunstwerke zurückgeholt
Zwei neue Sakristeifenster von Fritz Mühlenbeck in der Maurener Kirche
Autor: Walter Rebmann
Mauren – Eine Wallfahrt aus ganz besonderem Anlass führte die katholische Kirchengemeinde kürzlich in die Maurener Kirche durch: In dem immer noch für Gottesdienste genutzten Chor wurden zwei neue, von Fritz Mühlenbeck geschaffene farbige Glasfenster eingeweiht.
Damit knüpften die Freunde der Maurener Kirche an einen alten Brauch an. In vorreformatorischer Zeit war Mauren ein Wallfahrtsort. Fromme Pilgerscharen zogen zum Gnadenbild der Muttergottes von Mauren, die heute in den Magazinen des Württembergischen Landesmuseums von ihrem einstigen Ruhm träumt. Die schlicht gestaltete, sitzende Madonna mit dem Jesuskind datiert der Kunsthistoriker Julius Baum auf die Zeit “um 1350″. Das Patrozinium des Heiligen Pelagius, dem wichtigsten Mitpatron der einstigen Diözese Konstanz, dem die spätere Liebfrauenkirche ursprünglich geweiht war, weist auf ein hohes Alter der Kirchengründung hin, ebenso der auf römischen Ursprung verweisende Ortsname.
So ähnlich könnte die Maurener Madonna einst ausgesehen haben. Der Künstler Fritz Mühlenbeck gestaltete seine Marienfigur in Anlehnung an das gotische Gnadenbild, das sich heute im Stuttgarter Landesmuseum befindet. Neben der Madonna stehen Auszüge aus einem päpstlichen Dekret des Jahres 1363, in dem den Wallfahrern 40 Tage Ablass gewährt wird. (Foto: Fritz Mühlenbeck)
Mit dem aus Lindenholz geschaffenen Marienbild war um 1890 eine weitere Lindenholz-Statue aus der Maurener Kirche an das Landesmuseum abgegeben worden, die Statue des Melchior. Adolf Kenntner, der kunstsinnige Besitzer des Schlossgutes Mauren, der schon die liebevolle Restaurierung des mittelalterlichen Gebäudes besorgt und für die Veranstaltungen des Böblinger Sommerreigens“ geöffnet hat, wollte die verloren gegangenen Kunstwerke gerne in die Maurener Kirche zurückholen. So entstand in Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis der Maurener Kirche“ die Idee, sie in farbigen Glasfenstern im noch intakten Chor der Kirche wieder aufleben zu lassen, sie symbolisch heimzuholen“. Mit der Ausführung wurde der in Weil im Schönbuch/Neuweiler lebende Künstler Fritz Mühlenbeck beauftragt, der sich insbesondere als Glaskünstler einen Namen gemacht hat. Die beiden von Fritz Mühlenbeck geschaffenen Fenster zur Linken und Rechten des bereits bestehenden Glasbildes mit dem Guten Hirten schlagen einen Bogen vom Mittelalter zur Gegenwart, verbinden Altes und Neues.
Nach eingehenden Studien der Originalkunstwerke und der Analyse ihrer ursprünglich vorhandenen Bemalung gestaltete Mühlenbeck die beiden Statuen in mittelalterlicher Glastechnik. Sie nutzt die Leuchtkraft des kunstvoll geschliffenen Glases und setzt darüber hinaus mit Schwarzlot feinste Linien und Schattierungen. Neben den alten Bildern stehen Texte von Papst Urban V., die den Wallfahrern nach Mauren 1363 den Erlass ihrer Sünden verheißen. Durch die Wallfahrer hat sich der Künstler zu den in moderner Technik gestalteten restlichen Teilen der Fenster anregen lassen. …
Für den Hl. Melchior auf dem südlichen Fenster stand eine Lindenholzfigur aus dem Württembergischen Landesmuseum Pate, die sich einst ebenfalls in Mauren befand. (Foto: Fritz Mühlenbeck)
Erstveröffentlichung: Kreiszeitung / Böblinger Bote vom 9. Oktober 2001.
Der Text wurde gekürzt.
Mit freundlicher Genehmigung der Kreiszeitung / Böblinger Bote.
Hinweise für Besucher:
Die Kirche in Mauren befindet sich in Privatbesitz. Eine Besichtigung ist jedoch nach Absprache mit der Familie Kenntner-Scheible, die auch das Hofgut Mauren bewirtschaftet, möglich.Interessierte Besucher erreichen die Familie Kenntner-Scheible unter folgender Telefonnummer: 07034 / 653542.