Wandmalereien in der Münklinger Jakobskirche
Jüngstes Gericht und Abendmahl
Autorin: Susanne Schmidt
Lange Zeit gab es von der Münklinger Pfarrkirche aus kunsthistorischer Sicht nur wenig Interessantes zu berichten. Die Oberamtsbeschreibung von 1852 erwähnte lediglich, der Innenraum sei „weiß getüncht, freundlich und hell“. Dies hat sich seit 1967 grundlegend geändert. Damals stießen Restauratoren im gesamten Innenraum auf Wandmalereien. Während ein Teil wieder unter Putz verschwand, vermitteln die freigelegten Fresken heute einen Eindruck vom reichen malerischen Schmuck, mit dem die Jakobskirche einst kurz nach ihrer Erbauung ausgestattet worden war.
Um ein Haar hätte die 1967/68 durchgeführte Innenrenovierung eine für die Jakobskirche unglückliche Wendung genommen:
Nach Abtragen mehrerer Putz- und Tünchschichten waren im gesamten Kirchenschiff qualitätvolle, aber stark beschädigte Wandmalereien zum Vorschein gekommen. Neben einem Jüngsten Gericht am rechten Chorbogen fanden sich an den Seitenwänden und der Rückwand überlebensgroße Darstellungen der 12 Apostel.1
Die finanziellen Verhältnisse der Kirchengemeinde erlaubten es 1967 nicht, alle Wandmalereien restaurieren zu lassen. Lediglich das Jüngste Gericht sollte freigelegt werden. Als das Denkmalamt überraschenderweise doch noch die notwendigen Gelder bewilligte, war es bereits zu spät: Die Apostel, darunter auch der alte Kirchenheilige Jakobus mit Pilgerstab, waren schon wieder unter einer frischen Putzschicht verschwunden.
Eine daraufhin erfolgte Untersuchung des Chors eröffnete schließlich einen Ausweg: Entgegen früherer Annahmen stieß man hier ebenfalls auf Malereien, deren Qualität und Frische den Verlust der Apostel bald verschmerzen ließ, zumal das Denkmalamt sämtliche Restaurierungskosten übernahm.
Chorraum der Münklinger Jakobskirche. Bis 1968 waren die Wandmalereien unter einer weißen, klassizistischen Putzschicht verborgen. (Bild: Susanne Schmidt)
Fenster, Fensterlaibungen, Sakristeitür und die Rückseite des Chorbogens sind mit dem typischen Roll- und Beschlagwerksdekor der deutschen Renaissance geschmückt. Stilistisch lassen sich die Malereien auf die Zeit um 1600 datieren. Sie müssen also kurz nach der 1594 erfolgten Fertigstellung des Kirchenbaus in Auftrag gegeben worden sein. Ob die Gemeinde die Kosten selbst aufbrachte oder ob es einen Stifter gab, ist bisher ebenso wenig bekannt wie der Name des Künstlers, der hier beschäftigt wurde. Über dem südöstlichen Chorfenster legten Restauratoren die Buchstaben H.M. frei. Möglich, dass es sich hierbei um die Initialen des Künstlers handelt. Die stilistische Einordnung deckt sich auch mit der Datierung der Wappen rechts und links des Chorbogens. So kann das linke dem damals amtierenden Leonberger Obervogt Burckhardt Stickel (gest. 1613) zugeordnet werden; das rechte verweist auf Mathias Blüdenheuser (gest. 1624), Ende des 16. Jahrhunderts Untervogt in Leonberg.
Zwei Bildszenen aus dem Neuen Testament vervollständigen das Bildprogramm des Chors. Eine Darstellung der Taufe Jesu im Jordan an der südlichen Wand und gegenüber eine von einem Vorhang gerahmte Abendmahlsszene. Obwohl wir es hier sicherlich mit einem provinziellen Künstler zu tun haben, belegen beide Darstellungen doch eindrücklich, dass er mit den damals gängigen Darstellungsformen bestens vertraut war und sich stilistisch auf der Höhe seiner Zeit befand.
Darstellung der Jordantaufe an der südlichen Chorwand. Rechts das Wappen des damaligen Leonberger Obervogts Burckhardt Stickel. (Bild: Susanne Schmidt)
Das Jüngste Gericht ist sicherlich die beeindruckendste Bildszene in der Jakobskirche. Stilistisch zeigt es eine etwas unbeholfenere Handschrift als die Malereien im Chor. Der Kunsthistoriker Werner Fleischhauer, der damals als Fachmann zu Rate gezogen wurde, schloss aus der geschwungenen herzförmigen Kartuschenrahmung, dass es vermutlich jünger zu datieren sei. Die Schätzungen gehen hierbei von der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg bis nach 1700.2
Die Komposition lehnt sich an traditionelle mittelalterliche Darstellungen der Wiederkunft Christi an. Vergleichbare Beispiele finden sich in unserem Raum auch in der Eltinger Michaelskirche und in Ehningen.
Oben auf einer Wolke erscheint der auf einem Regenbogen thronende Weltenrichter, neben ihm, als Fürbitter, Maria und Johannes der Täufer. Zu seiner Rechten schweben die Gerichtsengel mit Posaunen aus den Wolken und rufen die Toten zur Auferstehung aus ihren Gräbern. Wie üblich ist diese Seite den Seeligen vorbehalten, die hier von Fackeln tragenden Engeln ins Paradies geleitet werden.
Auf der linken Seite findet sich die Darstellung der Verdammten. Bereits Pfarrer Siegfried Pfleiderer, der 1970 eine ausführliche Beschreibung der frisch renovierten Kirche verfasste, bemerkte als Besonderheit die naiv anmutenden bocksbeinigen Teufelchen, die die Verdammten mit Dreizack und Schubkarren ins Höllenfeuer befördern. Dort schmoren, kenntlich an der Kopfbedeckung (Barett), bereits auch Pfarrer und Prälaten.
Unter den Ausstattungsstücken der Jakobskirche muss auch das schöne Kruzifix erwähnt werden. Eine Jahreszahl auf der Rückseite der INRI-Tafel datiert es ins Jahr 1612. Die Restaurierung gab dem Korpus seine ursprüngliche, zart naturalistische Farbigkeit zurück. Eine neuere Errungenschaft sind die Glasfenster mit dem Osterzyklus des isländischen Künstlers Leifur Breidfjörd. Sie wurden 1994 zum 400. Jubiläum der Jakobskirche geschaffen.
Jüngstes Gericht am rechten Chorbogen. (Bild: Susanne Schmidt)
Literaturhinweis:
Siegfried Pfleiderer: Münklingen Aus der Geschichte der Gemeinde und ihrer Kirche, hrsg. von der Evangelischen Kirchengemeinde Münklingen, Münklingen 1970.
Referenz
↑1 | Lediglich die Nordwand wies östlich der Eingangstür keine Farbspuren mehr auf. Hier war das Mauerwerk stark ausgeflickt, – vermutlich eine Folge der Zerstörungen, die die Kirche 1634 im 30-jährigen Krieg erlitt. |
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↑2 | Siehe hierzu Siegfried Pfleiderer: Münklingen Aus der Geschichte der Gemeinde und ihrer Kirche, Münklingen 1970, S. 29 |