„Der Wein zu Geberßen fast nicht anders als wie Essich seye …“
In der Zeit, als der Glemsgau zu Württemberg kam (1308) bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges breiteten sich im deutschen Südwesten die Anbauflächen für die Weinreben in einem bis dahin nicht gekannten Maße aus. Klimatische Faktoren oder ungünstige Lagen spielten eine untergeordnete Rolle. Allein im Zeitraum von 1514 bis 1566 wurden im Herzogtum 40.000 Morgen Weinberge neu angelegt. In den Flurnamen der Gemeinden kann man noch heute diesen extensiven Weinbau nachvollziehen.
In den Jahren 1567, 1611 und 1621 ergingen mehrfach Erlasse des Herzogs, die das Garten-, Acker- und Wiesenland vor dem Anbau von Weinreben schützen sollten. Der Weinhandel war sehr lukrativ, der „Neckarwein“ genoss einen hervorragenden Ruf und seine Abnehmer fanden sich in Bayern, Österreich, Norddeutschland, ja bis nach England führte Württemberg seinen Wein aus. Der Weinbau brachte Wohlstand für das Land, die Städte und die Dörfer.
Vor dem Hintergrund ist es nicht weiter erstaunlich, dass einem Steuerbuch der Gemeinde Gebersheim aus dem ausgehenden 16. Jahrhundert zu entnehmen ist, dass von 50 Haushalten im Dorf 34, also 2/3 der Einwohner, im Besitz eines Weinberges auf der Gemarkung waren. Damit nicht genug: Im Jahre 1617 baten Gebersheimer Bürger Herzog Johann Friedrich von Württemberg am Hummelberg weitere fünf Morgen (1 Morgen entspricht in etwa 30 Ar) mit Weingärten anlegen zu dürfen und so waren zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges fast 10% der Gemarkung mit Weinreben bepflanzt.
Darstellung der Weinlese auf einer alten Keramik. (Foto: Klaus Philippscheck)
Gekeltert wurde der Rebensaft im Rathaus, wo zu ebener Erde ein einzelner Kelterbaum fest eingebaut war. Ein Vermerk im Gebersheimer Lagerbuch aus dem Jahr 1708 gibt Auskunft über die Kelter, Rechte und Pflichten:
Neben dem Weingült, dem Weinzehnt, hatte der Kelterbenutzer an die Gemeinde den sechzehnten Teil des Traubensaftes als Keltergebühr zu entrichten. Gemessen wurde ab dem Biet. Das Biet (biethen) ist der Pressboden einer Baumkelter, Imi und Mas sind alte württembergische Hohlmaße.
In den Jahren nach dem Dreißigjährigen Krieg ging allerorten „das höchst nöthige edle Kleinoth“, die Rebkulturen, aus den verschiedensten Gründen stark zurück – auch in Gebersheim. Die Anbaufläche war nicht einmal halb so groß wie vordem.
Im Jahre 1731 waren es noch 18 Morgen. Die Qualität des Rebensaftes ließ zu wünschen übrig, so berichtete die Leonberger Steuersubrevision über den Wein des Fleckens, „dass der wein zu Geberßen fast nicht anders als wie Essich seye …“
Immer weitere Weinberge wurden ausgestockt und in Gärten umgewandelt. Die Kelter nutzten nur noch wenig Bürger. Der Anbau von Äpfeln und Birnen wurde dagegen intensiviert – der Most löste den Wein als Volksgetränk ab. 1780/81 baute die Gemeinde die Kelter im Rathaus ab, Reben wurden in diesen Jahren nur noch in kleinem Umfang angebaut. Als Mitte des 19. Jahrhunderts eine Beschreibung des Oberamtes Leonberg angefertigt wurde, gab es in Gebersheim keinen Weinberg mehr.
Regelung der Kelternutzung im Lagerbuch Gebersheim 1708. (Aus: 900 Jahre Gebersheim Originaldokument im HStAS / H 101/3 Bd. 686a Lagerbuch Gebersheim)
Erstveröffentlichung: Festschrift 900 Jahre Gebersheim, Herausgeber Projektgruppe 900-Jahr-Feier, 2000.
Mit freundlicher Genehmigung der Stadt Leonberg
Zum Thema „Weinbau“ finden sie in zeitreise-bb folgende Artikel:
Der Weinbau im Gäu
Kein „Semsakrebsler“ – Weinbau in Schönaich